Die größte Internetzeitung El Salvadors, El Faro, titelte am 1. Juni: „Eine Diktatur ist geboren.“ Neben der Verletzung von sechs Artikeln der salvadorianischen Verfassung verweist sie auf weitere Merkmale einer Diktatur: Kontrolle über die drei Regierungsgewalten; keinerlei Rechenschaftspflicht und Verschleierung öffentlicher Informationen; Einsatz der Sicherheitskräfte und des Justizapparats für politische Zwecke; Verfolgung der Opposition und kritischer Stimmen; politische Gefangene; systematische Folter in Gefängnissen; Fehlen von Rechtsstaatlichkeit; Einfordern von Ehrerbietung gegenüber Bukele sowie die in der Bevölkerung wachsende Überzeugung, dass man gezwungen ist, Bukele in den sozialen Netzwerken anzuflehen, wenn man die Freilassung eines zu Unrecht verhafteten Verwandten oder Wiedergutmachung erreichen will.
Auch die CIR-Partnerorganisationen in El Salvador sind aufgrund der Wiederwahl Bukeles hochgradig beunruhigt. Wir haben Mitarbeiter*innen befragt, wie sie die Folgen des Wahlergebnisses für das Land und ihre Arbeit einschätzen.
Aus Sicherheitsgründen werden die Mitarbeiter*innen nicht namentlich genannt.
„Sie bedeutet die Konsolidierung eines De-facto-Staates, der weiterhin die Rechtsstaatlichkeit und die Gewaltenteilung zerstört, der mit seinen Medienkampagnen bei einem großen Teil der Bevölkerung verfangen konnte und der Repression als einzige Sicherheitspolitik ansieht. Weite Teile der Bevölkerung sind nicht über die tatsächliche Situation im Bilde. Auch die Straflosigkeit besteht fort.”
Mitarbeiter*in einer Menschenrechtsorganisation
„Die Achtung vor dem demokratischen und verfassungsmäßigen Rechtsstaat ist verlorengegangen und die Grundrechte der salvadorianischen Bevölkerung werden seit über zwei Jahren verletzt. Der Ausnahmezustand wird unter dem Vorwand der Bandenbekämpfung instrumentalisiert, um jeglichen Protest oder Kampf gegen das von der Regierung begangene Unrecht zu unterdrücken. Die Bevölkerung hat Angst, sich an Demonstrationen, Protesten und Aktivitäten zu beteiligen, die als Widerstand oder Protest gegen die Regierung angesehen werden könnten.“
Mitarbeiter*in einer Umweltorganisation
„Die Ergebnisse der Wahlen bringen uns dasselbe wie immer: eine stärkere Spaltung der Gesellschaft, Armut, Migration, Korruption, Verfall des Gesundheits- und des Bildungssystems, Vernachlässigung der Landwirtschaft und ein unterentwickeltes Rechtssystem. El Salvador scheint durch das Ausnahmeregime und verschiedene strafrechtliche Reformen von Banden befreit zu sein, nicht aber von Drogenhandel, organisiertem Verbrechen und gewöhnlicher oder Wirtschaftskriminalität.”
Mitarbeiter*in einer Organisation für die Rechte von Landwirt*innen
„Der Abbau der Rechtsstaatlichkeit in unserem Land hat zu einer steigenden Kriminalisierung der Menschenrechtsarbeit geführt. Führungspersonen aus Gewerkschaften, Gemeinden und der Gesellschaft wurden verhaftet. Der Staat stigmatisiert unsere Arbeit und schließt dadurch Räume für die Beteiligung der Bürger*innen. Wir müssen daher alles daransetzen, Rechtsstaatlichkeit und Regierbarkeit wiederherzustellen. Die internationalen Menschenrechtsorganisationen, demokratische Länder und die internationale Solidarität dürfen El Salvador nicht im Stich lassen.“
Mitarbeiter*in einer Menschenrechtsorganisation
„Eine populistische, autoritäre Regierung beobachtet die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen mit täglich wachsendem Unmut, weil diese aufdecken könnten, dass die Behörden nicht im Sinne der Gemeinden handeln. Mit gesetzlichen Maßnahmen, die unsere Arbeit durch noch mehr bürokratische und administrative Hürden erschweren, ist daher zu rechnen.“
Mitarbeiter*in einer Umweltorganisation
„Die Angst vor der Organisationsarbeit an der Basis wegen der Militär- und Polizeipräsenz wird verschiedene Auswirkungen zur Folge haben: keine Verbesserungen in der Landwirtschaft, keine Schaffung von Arbeitsplätzen, Ernährungsunsicherheit und Eltern, die ihre Kinder vom Land in die Stadt oder über die Grenzen El Salvadors schicken. Hinzu kommt die Angst, auf der Straße zu demonstrieren. Und die Angst, in den sozialen Netzwerken Missstände zu benennen.“
Mitarbeiter*in einer Organisation für die Rechte von Landwirt*innen
„Die Machtkonzentration, der Rückbau des demokratischen Systems und die Verletzung der Menschenrechte erzeugen bei NGOs Unsicherheit und Angst. Die Organisationen werden staatlich überwacht. Doch trotz Verhaftungen von Kolleg*innen anderer Organisationen kämpfen sie gegen die Ungerechtigkeit, denn wie Erzbischof Romero sagte: «Das Böse ist sehr tief in El Salvador verwurzelt, und wenn wir es nicht vollständig auskurieren, werden wir immer nur seinen Namen ändern, aber es bleibt immer das gleiche Böse.»“
Mitarbeiter*in einer Basisorganisation
Politische Bildungsarbeit und das Eintreten für demokratische Grundwerte sind in El Salvador wichtiger denn je. Die Zivilgesellschaft benötigt unter den aktuellen politischen Bedingungen besondere Unterstützung bei der Aufklärung über die Bedeutung der Menschenrechte, um dem autokratischen Umbau des Landes etwas entgegenzustellen. Damit unsere Partnerorganisationen diese wichtige Arbeit trotz aller Repressionen gegen sie weiterhin leisten können, ist die finanzielle Unterstützung durch die CIR unabdingbar. Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende.
Ich bin für Ihre Fragen da:
Maik Pflaum
Bereichsleitung Ausland, Referent für El Salvador, Kleidung, Spielzeug
pflaum @ci-romero.de
Telefon: 0911 - 214 2345
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen