Bergbau & Rohstoffe

Umweltrechte sind Menschenrechte!

138 Organisationen aus 33 Ländern fordern mit offenem Brief ein starkes EU-Lieferkettengesetz

Februar 2022

In einem offenen Brief fordern 138 Organisationen aus 33 Ländern die Europäische Kommission auf, Unternehmen starke umweltbezogene und menschenrechtliche Pflichten im EU-Lieferkettengesetz vorzuschreiben. Damit sollen Menschenrechtsverletzungen und die Umweltzerstörung im Bergbau und in der Agroindustrie im Globalen Süden bekämpft werden.

Die Organisationen fordern, die umweltbezogenen Teilhaberechte des lateinamerikanischen Abkommens von Escazú im Europäischen Lieferkettengesetz als verpflichtende Norm aufzunehmen. Lesen Sie hier den offenen Brief an die Europäische Kommission.

Foto: ACAFREMIN

EU-Lieferkettengesetz muss beim Rohstoffabbau wirken

Aktuell erarbeitet die Europäische Kommission eine EU-weite Regulierung, die Unternehmen verpflichten soll, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in ihren globalen Lieferketten zu verhindern. Im vergangenen Jahr verabschiedete der Bundestag bereits ein Lieferkettengesetz für deutsche Unternehmen. Es enthält aber zahlreiche Mängel, z. B. sieht es schwächere Pflichten für Unternehmen in der tieferen Lieferkette vor. Bei mittelbaren Lieferanten, die z.B. Rohstoffe abbauen, müssen die Unternehmen nicht systematisch, sondern nur anlassbezogen Sorgfaltsmaßnahmen umsetzen.

Beim Bergbau und in der Agroindustrie werden oft die schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen begangen. Das EU-Lieferkettengesetz muss deshalb alle Mittel ausschöpfen, um die betroffenen Menschen zu schützen! Dazu zählen: Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette, starke Pflichten zum Umweltschutz und eine zivilrechtliche Klagemöglichkeit für die Betroffenen“, fordert Christian Wimberger, Referent für Unternehmensverantwortung bei der Christlichen Initiative Romero (CIR).

Gewalt beim Bergbau muss verhindert werden

Viele der unterzeichnenden Organisationen aus den Ländern Lateinamerikas und anderen Regionen des Globalen Südens kennen die Auswirkungen der Rohstoffproduktion aus nächster Nähe: Für Bergbauprojekte und Monokulturen werden ganze Ökosysteme zerstört und Menschen ihrer Lebensgrundlagen beraubt. Leisten sie Widerstand, werden sie oft von staatlichen Behörden oder sogar von kriminellen Gruppen ermordet.

Mit welchen Aggressionen der Rohstoffhunger der Industrie gestillt wird, zeigte Ende 2021 ein Konflikt um eine Nickelmine im guatemaltekischen Department El Estor. Als indigene Gemeinden aus Protest gegen die gravierenden Umweltauswirkungen des Abbaus eine Zufahrtsstraße sperrten, verhängte das Militär den Ausnahmezustand und ließ die Demonstrationen gewaltsam niederschlagen. In den letzten Jahren wurden immer wieder Gegner*innen des Bergbauprojekts, das von dem russisch-schweizerischen Unternehmen Solway Invest betrieben wird, ermordet.

Obwohl das Verfassungsgericht die Abbaulizenz aufgehoben hat, operiert das Unternehmen einfach weiter. Die betroffenen Gemeinden klagen die Intensität des Abbaus und die damit verbundene Verschmutzung an. Vertreter*innen der indigenen Q’qchie’s befinden sich in Haft, weil sie Widerstand leisteten. Durch den verhängten Ausnahmezustand schränkt die Regierung grundlegende Rechte wie die Rede- und Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Bewegung ein. Wir fordern die Europäische Union auf, Schutzmaßnahmen für die Rechte der Q’qchie’s sicherzustellen und eine Beobachtungsmission in die Region zu entsenden“, fordert Mario Minera von der guatemaltekischen CIR-Partnerorganisation Colectivo Madre Selva.

EU importiert massenhaft Rohstoffe

Guatemala exportiert seit Jahren Nickel, das u.a. in Stahl und Batterien für Elektroautos verarbeitet wird, nach Griechenland. Von agrarischen Rohstoffen wie Palmöl und Zucker bis hin zu Mineralien wie Lithium, Kupfer und Kobalt: Die Länder der EU, allen voran Deutschland, importieren enorme Mengen an Rohstoffen. Europäische Unternehmen müssen deshalb verpflichtet werden, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung entlang ihrer gesamten Lieferkette wirksam zu bekämpfen.

Mit der Umsetzung von Umweltrechten im EU-Lieferkettengesetz hat die EU die Chance, die Ungleichheit und Gewalt, die historisch den Rohstoffabbau für ihre Unternehmen ausgezeichnet hat, endlich zu korrigieren“, sagt Pedro Cabezas, Koordinator der Mittelamerikanischen Allianz gegen Bergbau in Mittelamerika (ACAFREMIN).

Die Bedeutung des Abkommens von Escazú

Die unterzeichnenden Organisationen sehen im Abkommen von Escazú, das 2021 in 12 Staaten Lateinamerikas und der Karibik in Kraft trat, ein wichtiges Instrument, um die Umweltgerechtigkeit in den Lieferketten zu fördern. Das innovative Abkommen sieht folgende Rechte für die betroffenen Menschen vor:
• den Zugang zu Umweltinformationen
• die Teilnahme an Entscheidungsprozessen bei Umwelteingriffen
• den Zugang zu Gerichten
• den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen

Die 138 Organisationen fordern die Europäische Union auf, das Abkommen und seine Prinzipien in die Liste der internationalen Normen aufzunehmen, die Unternehmen bei ihren Sorgfaltsmaßnahmen einhalten müssen.

Porträt von Christian Wimberger

Ich bin für Ihre Fragen da:

Christian Wimberger
Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
wimbergernoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-21