Zwei Mitarbeiter der Organisation ADES Santa Marta, darunter ihr Direktor Antonio Pacheco, und weitere Bewohner der Gemeinde Santa Marta in El Salvador wurden in den frühen Morgenstunden des 11. Januar überraschend festgenommen. Ihnen wird die Beteiligung an einem 43 Jahre alten Kriminalfall aus der Zeit des Bürgerkriegs vorgeworfen. Unsere Partner*innen im Land sind alarmiert und äußerten die Überzeugung, dass der Fall nur ein Vorwand sei, um engagierte und bekannte Umweltschützer einzuschüchtern und mundtot zu machen.
Antonio Pacheco ist einer der Gründer des Bündnisses, das 2017 das weltweit erste gesetzliche Verbot von Metallbergbau in El Salvador erreicht hat. Als Aktivist setzt er sich für Umweltrechte und soziale Gerechtigkeit und gegen zerstörerische Minenprojekte ein. Mitarbeiter*innen der Romero Initiative (CIR) haben Antonio Pacheco mehrfach getroffen und als beeindruckende Persönlichkeit kennengelernt, unter anderem während einer Delegationsreise 2015. Mit ADES arbeitet die CIR in einem Projekt zusammen, das Gemeinden im Widerstand gegen Bergbauprojekte unterstützt.
Zahlreiche Organisationen und Netzwerke der Zivilgesellschaft haben sich mit den Verhafteten solidarisiert. Sie gehen davon aus, dass die Verhaftungen klar politisch motiviert sind und es im Kern nicht um die Aufklärung eines im Krieg begangenen Verbrechens geht. Zudem liegt nahe, dass es einen direkten Zusammenhang geben könnte zwischen den Verhaftungen und dem Bemühen der derzeitigen Regierung, das Bergbauverbot zu kippen.
Unter dem Motto „Santa Marta ist nicht allein – Freiheit für die politischen Gefangenen!“ fand am 15. Januar in der Hauptstadt San Salvador eine Demonstration statt, an der sich viele Partnerorganisationen der CIR beteiligten. Sie forderten die Freilassung der kürzlich festgenommenen Aktivisten sowie die Freilassung aller willkürlich Verhafteten während des seit fast einem Jahr herrschenden Ausnahmezustands in El Salvador.
Durch den Ausnahmezustand sind bestimmte verfassungsmäßige Garantien und Rechte ausgesetzt – der Regierung El Salvadors zufolge dient er dem Zweck, die organisierte Kriminalität und Bandengewalt im Land einzudämmen. Eingeschränkt ist unter anderem das Recht, innerhalb von 72 Stunden nach Verhaftung einem Gericht vorgeführt zu werden und das Recht, über die Gründe der Verhaftung informiert zu werden sowie einen Rechtsbeistand und einen fairen Prozess zu erhalten. Menschenrechtsorganisationen kritisieren seit Monaten, dass die Behörden den Ausnahmezustand ausnutzen, um nicht nur Bandenmitglieder, sondern auch Menschenrechtsverteidiger*innen und Gewerkschafter*innen willkürlich festzunehmen.
Am 19. Januar wurden die Verhafteten aus der Gemeinde Santa Marta und der CIR-Partnerorganisation ADES der Friedensrichterin in San Salvador vorgeführt, wo über ihre weitere Haft und Fortführung des Prozesses entschieden wurde. Es wurde Untersuchungshaft für die Dauer der Beweisaufnahme angeordnet, bis zur nächsten Gerichtsverhandlung in sechs Monaten. Die Verhafteten befinden sich nun weiter in Polizeigewahrsam. Sie dürfen keinen Besuch erhalten, auch nicht von ihrem Anwalt. Dieser hat Einspruch eingelegt mit dem Ziel, dass die Untersuchungshaft aufgehoben wird und die Verhafteten für die Dauer des Prozesses in Freiheit sind.
Die Forderung, die Untersuchungshaft zu beenden, wurde auch am 1. Mai auf einer Demo in San Salvador von zahlreichen Organisationen der Zivilgesellschaft und einer großen Gruppe aus der Gemeinde Santa Marta unterstützt. Auch die Vereinten Nationen (UNO) kritisieren den salvadorianischen Staat für die fortdauernde Inhaftierung der Aktivisten. Sie fordern die Aufklärung des Falls und detaillierte Informationen zu den erhobenen Anschuldigungen und deren Rechtfertigung sowie zur humanitären und rechtlichen Situation der Inhaftierten
Als Teil des Runden Tischs Zentralamerika hat die CIR gemeinsam mit weiteren Organisationen einen Brief an die Deutsche Botschaft in San Salvador und das Auswärtige Amt unterzeichnet. „Da es spätestens seit Verhängung des Ausnahmezustands vor fast zehn Monaten in El Salvador de facto keine Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Justiz mehr gibt, ist auch kein nach rechtsstaatlichen Regeln verlaufender Prozess gegen die Beschuldigten zu erwarten. Deswegen halten wir es für außerordentlich wichtig, in diesem Fall die größtmögliche nationale und internationale Öffentlichkeit herzustellen, Prozessbeobachtung zu organisieren und auch durch diplomatischen Druck die Wahrung der Menschenrechte und die physische Unversehrtheit der Angeklagten sicherzustellen„, heißt es darin. Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Deutsche Botschaft und das Auswärtige Amt dazu auf, sich für ein rechtsstaatliches Verfahren für die Verhafteten einzusetzen.
Wir solidarisieren uns mit der Organisation ADES und allen Verteidiger*innen von Umweltrechten in Mittelamerika, die Repressionen ausgesetzt sind! Wir fordern:
Ich bin für Ihre Fragen da:
Anderson Sandoval
Referent für Auslandsprojekte
sandoval @ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-58
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