„Trinkwasser wird in El Salvador immer knapper. Der Klimawandel verschärft das Problem. Wir verlieren ganze Ernten.“
Francisco Carreño, Menschenrechtsverteidiger und Umweltaktivist
Francisco Carreño aus San José El Naranjo in unserem Partnerland El Salvador ist Menschenrechtsverteidiger und Klimaaktivist.
Foto: privat
Wann hast du angefangen, dich für Menschenrechte und Umweltschutz zu engagieren? Was war der Auslöser?
Ich engagiere mich seit 2011 und der Auslöser war, dass ich selbst keinen Zugang zu Trinkwasser hatte. Bis dahin hatte ich Wasser über einen Felsenbrunnen bekommen. Ich holte es mit Eimern zu meinem Haus. In diesem Jahr bemerkte ich, dass der Wasserstand knapp wurde. In den trockensten Tagen des Sommers war es schwierig, genug Wasser zum Trinken zu sammeln. In meiner Schule wurde über den Klimawandel und seine Auswirkungen gesprochen. Und als ich dieses Wissen auf meine Realität übertrug, wurde mir bewusst, dass mein Problem mit dem Wasser mit dem sinkenden Grundwasserspiegel zu tun hatte. Damals begann ich, mich in der kommunalen Wasserwirtschaft zu engagieren.
Wie hast du dich dort genau engagiert?
Ich nahm an Säuberungs- und Aufforstungsaktionen teil und arbeitete in kommunalen Ausschüssen mit. Außerdem wurde ich darauf aufmerksam, dass der Fluss in meiner Gemeinde, der Rio El Naranjo, jedes Jahr weniger Wasser führt, dass der Wald entlang seines Ufers abgeholzt und durch Plastikmüll verschmutzt wird. Und so beschloss ich, in Komitees und Vereinen für lokale Entwicklung mitzuarbeiten. Am Anfang war ich dort wegen meines jungen Alters nicht gern gesehen, aber das hat mich ermutigt, weiterzumachen. Bis heute setze ich mich für den Schutz des Menschenrechts auf Wasser ein, denn ich weiß, dass Wasser für das menschliche Leben und die Ökosysteme unerlässlich ist. Und dass es viele Gefahren für dieses gemeinsame Gut gibt, sei es durch die Auswirkungen des Klimawandels, durch Gesetze oder durch das Handeln der Bevölkerung selbst.
Welche Probleme gibt es in El Salvador in Bezug auf Wasser und welche Folgen hat das für die betroffenen Menschen?
In El Salvador wird Trinkwasser immer knapper. Das hängt damit zusammen, dass es in den Wassereinzugsgebieten zu Abholzung und Verschmutzung von Seen und Flüssen sowie des Grundwassers kommt. Der Klimawandel verschärft dieses Problem, insbesondere in Dürreperioden, und verringert die Verfügbarkeit von Wasser – für die Menschen und die Ökosysteme.
Rund um Flüsse, Seen und Mangroven wird häufig Rohstoffabbau betrieben. Pflanzen werden in Monokulturen angebaut, für deren Bewässerung rücksichtlos Oberflächen- und Grundwasser genutzt wird. Der Boden wird ausgelaugt und das Grundwasser ist oft mit Agrarchemikalien belastet. Beim Zuckerrohr-Anbau ist das besonders häufig der Fall. Zudem hat der Staat eine schlechte Wasserverwaltung.
Wie wird das Problem durch den Klimawandel verschärft?
In vielerlei Hinsicht ist der Klimawandel eine der Hauptursachen für das Problem, weil die starken klimatischen Schwankungen lang anhaltende Dürreperioden und die Verbreitung von Schädlingen für Nutzpflanzen mit sich bringen. Wir verlieren ganze Ernten – die Mehrheit der Bevölkerung betreibt Landwirtschaft. Das führt zu weniger Ernährungssouveränität. Extreme Wetterphänomene nehmen jede Saison weiter zu. Ein Problem, das in meiner Gemeinde jedes Jahr größer wird, ist der fehlende Zugang zum Wasser während der Sommersaison, da die Grundwasserleiter ausgetrocknet sind.
Wie setzt du dich konkret für die Verbesserungen ein?
Seit 2005 setzen sich soziale Kollektive in El Salvador für ein allgemeines Wassergesetz ein. Sie fordern vom Staat eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung, an der die Bürger*innen beteiligt werden. Seit 2012 nehme ich an Demonstrationen, Gemeindeforen und Arbeitskommissionen für ein allgemeines Wassergesetz teil. Als die Regierung 2021 ein Gesetz über Wasserressourcen ohne die Beteiligung der organisierten Bevölkerung verabschiedete, war das eine große Enttäuschung für mich.
Als Gemeinschaft führen wir zahlreiche Aktionen durch, darunter Freiwilligenarbeit wie Säuberungstage, Aufforstungstage, Informationsforen, Fahrradtouren mit Jugendlichen, Workshops und Kampagnen zur Sensibilisierung und vieles mehr. Wir arbeiten auch an Schildern und Bannern und machen auf die Bedeutung der Wasserressourcen aufmerksam. Ich glaube, dass kleine und einfache Aktionen einen großen Einfluss auf das Leben der Menschen haben und wichtige Botschaften vermitteln können.
Welche Möglichkeiten gibt es, gegen die Privatisierung von Wasser in El Salvador zu protestieren?
Auf nationaler Ebene müssen wir gerade das Risiko der Repression berücksichtigen. Da wir uns derzeit im Ausnahmezustand befinden, müssen wir zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Zum Beispiel, um friedlich demonstrieren zu können. Und wir müssen darauf achten, was wir in den sozialen Medien veröffentlichen.
Was sind deiner Meinung nach die größten Hindernisse, die dem Zugang zu Wasser für alle im Wege stehen?
Wirtschaftliche und politische Interessen. Hinzu kommt das mangelnde Bewusstsein der Bevölkerung, ihre Rechte einzufordern. Das liegt daran, dass die Mehrheit der Bevölkerung Aktivist*innen für verrückt hält und sie mit einer politischen Ideologie identifiziert. Ein weiteres Hindernis sind die Medien, die die Bevölkerung mit einer vermeintlichen Wirklichkeit bombardieren, die nicht der Realität entspricht. Und es gibt nur wenige alternative Medien, die diese Realität bekannt machen.
Ich bin für Ihre Fragen da:
Miriam Instenberg
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
instenberg @ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-13
Fotos:
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