Kleidung

Erfolg im Lohnstreit

Die Kampagne für Saubere Kleidung unterstützte rumänische Näherinnen erfolgreich im Kampf gegen die Vorenthaltung des Lohns während der Coronakrise.

Näherin Angelica Manole steht vor einem Gartenzaun

Angelica Manole wehrte sich gegen die widerrechtliche Lohnkürzung. Foto: CCC

140 statt der gesetzlich vorgeschriebenen 278 Euro – einige Textilfirmen in Rumänien haben während des Lockdown einfach den Lohn der Näherinnen gekürzt. Die Kampagne für Saubere Kleidung, zu deren Trägerorganisationen die Christliche Initiative Romero gehört, unterstützte eine Arbeiterin, die sich aktiv dagegen wehrte. Mit Erfolg: Im September erhielten die rumänischen Näherinnen den ausstehenden Lohn. Doch auch so reicht der Verdienst in den Textilfabriken kaum zum Leben.
Eine der rumänischen Textilfabriken, die die Löhne der Textilarbeiterinnen in der Coronakrise um die Hälfte kürzten, war TANEX. Der Zulieferer in der rumänischen Region Prahova beliefert beispielsweise Edelmarken wie Massimo Dutti (Inditex) und die Schweizer Modemarke JOOP (Holy Fashion). Doch selbst der gesetzliche Mindestlohn in Rumänien in Höhe von 278 EUR ist viel zu niedrig, sagt Bettina Musiolek von der Clean Clothes Campaign: „Davon kann eine Familie nicht leben. Um existenzsichernd zu sein und um ein würdiges Leben führen zu können, müssten die Löhne viermal so hoch sein, also bei mindestens 1.100 Euro liegen.

Ein Drittel weniger Lohn während Coronakrise

Wie TANEX kürzten viele Modezulieferer weltweit die Löhne ihrer Arbeiter*innen. Den Millionen Beschäftigten in der globalen Modebranche wurde während der Coronakrise ein Drittel bis die Hälfte des ihnen zustehenden Gehalts entzogen, ergaben Recherchen der Clean Clothes Campaign. „Textilarbeiter*innen wurden weltweit zwischen März und Mai Löhne in Höhe von rund 2,7 bis 4,9 Milliarden Euro entzogen“, fasst Bettina Musiolek zusammen, „die Zuliefererfirmen kürzten die Löhne, weil etliche Modemarken ihre Aufträge einfach storniert, nicht bezahlt oder reduziert hatten.“
Bei der rumänischen Firma TANEX wehrte sich eine Näherin gegen den illegalen Lohnabzug: Im April veröffentlichte Angelica Manole ihre Lohnabrechnung. Dafür wurde sie von TANEX-Managern schikaniert und schließlich entlassen. Erst auf Druck der Clean Clothes Campaign wurden einige der betroffenen Modeunternehmen und das rumänische Arbeitsministerium aktiv: Massimo Dutti und JOOP etwa forderten von ihrem Lieferanten TANEX, die ausstehenden Löhne – rund 140 Euro pro Monat und Arbeiterin – zu bezahlen. Und die im Land für Arbeitsrechte und Arbeitsschutz zuständige Behörde bestätigte nach einer Inspektion von TANEX, dass die Löhne widerrechtlich gekürzt worden waren. TANEX musste daraufhin ein Bußgeld zahlen, doch nicht die ausstehenden Löhne.

Mut der Arbeiterin mobilisierte Auftraggeber

Dies geschah erst, nachdem der rumänische Ableger der Clean Clothes Campaign (CCC) und die für ihre Recherchen bekannte Journalistin Laura Ștefănuț das internationale Netzwerk der CCC eingebezogen. Erst als sich Modemarken wie Massimo Dutti (Inditex) und JOOP konkret bei ihrem Lieferanten einsetzten, teilte das TANEX-Management Ende August – also vier Monate nach Bekanntwerden des Skandals – mit, die ausstehenden Löhne auszuzahlen. Zudem gestattete TANEX erstmals Mitgliedern der Gewerkschaft UNICONF den Zugang zur Fabrik.
Dieser Fall hatte Erfolg, weil eine Arbeiterin besonderen Mut und Widerstand zeigte“, sagt Bettina Musiolek. Gemeinsam mit der Clean Clothes Campaign konnten die Näherinnen und Gewerkschaften die Aufraggeber in Westeuropa mobilisieren – und etwas erreichen.

Hintergrund: Textilstandort Rumänien

Kein Land in Europa produziert so viel Kleidung wie Rumänien. Rund 400.000 Beschäftigte nähen dort für europäische Modemarken von A wie Armani und Aldi bis Z wie Zara. Neun von zehn Textilarbeitenden sind Frauen. Normalerweise erhalten sie den gesetzlichen Mindestlohn von monatlich 278 EUR. Dafür schuften sie meist acht Stunden am Tag plus Überstunden. Doch auch 278 Euro entsprechen gerade mal 24 Prozent des existenzsichernden Lohns, hat die Clean Clothes Campaign CCC errechnet. Arbeiter*innen berichten zudem immer wieder von Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen: so werden viele von ihnen eingeschüchtert und sexuell belästigt, und unzählige Näherinnen und Näher müssen unbezahlte Überstunden leisten. Hinzu komme, dass Firmen oftmals die obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlen, so die Kritik der CCC.
Die Corona-Krise hat die Lage in den Textilfabriken noch verschärft. Lieferanten konkurrieren weltweit um die Aufträge der Modemarken. Aus Angst, Auftraggeber zu verlieren, beschweren sie sich nicht – auch dann nicht, wenn der Modekonzern Aufträge (wie seit der Pandemie verbreitet geschehen) einfach und ohne Kompensation storniert. Diesen Druck geben die Lieferanten an die Beschäftigten weiter – indem sie deren Löhne oftmals willkürlich kürzen, sie ohne Entschädigung entlassen oder sie zwingen, unbezahlten Urlaub zu nehmen. Aus Angst, ihre Jobs zu verlieren, schweigen viele betroffene Arbeiter*innen. Andere kämpfen mithilfe der Clean Clothes Campaign um ihre Rechte.

Porträt von Sandra Dusch Silva

Ich bin für Ihre Fragen da:

Sandra Dusch Silva
Referentin für nachhaltige Lieferketten und Kleidung
duschnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 030 - 41723800