Orangensaft

Ausbeutung in der O-Saft-Industrie

In Deutschland trinken die Verbraucher*innen pro Jahr rund sieben Liter Orangensaft – so viel wie in keinem anderen Land weltweit. Doch dieser Saft hinterlässt einen bitteren Beigeschmack: Der Orangensaft-Sektor ist geprägt von Monopolisierung und Machtkonzentration auf Seiten der Supermärkte und Orangensafthersteller, während für die Produzent*innen und Arbeitnehmer*innen Hungerlöhne und Dumpingpreise an der Tagesordnung sind.

Machtkonzentration im O-Saftmarkt: Großkonzerne beherrschen den Wettbewerb

Die Wertschöpfungskette von Orangensaft wird an zwei zentralen Stellen kontrolliert: zum einen von den Supermärkten in Deutschland sowie den Saftherstellern in Brasilien. Der Handel von Orangensaft in Deutschland ist stark konsolidiert. Die großen Konzerne wie Edeka (25 %), Rewe (21 %), Aldi (11 %) und die Schwarz-Gruppe (18 %) bestimmen hier den Verkauf. Rund 90 Prozent des Orangensaftkonzentrats für die EU kommen aus Brasilien. Von dort aus kontrollieren drei multinationale Saftverarbeiter den globalen Markt: Cutrale, Citrosuco und Louis Dreyfus. Gemeinsam mit den deutschen Handelsunternehmen dominieren sie den Wettbewerb. Die genannten Safthersteller haben eigene Tankanlagen im Exporthafen Santos in Brasilien und unterhalten eigene Frachtterminals in den wichtigsten Importhäfen (Cutrale in Rotterdam, Citrosuco in Antwerpen und Gent und Louis Dreyfus ebenfalls in Gent). Zudem unterhalten sie direkte Handelsbeziehungen zu den europäischen Abfüllunternehmen, aber auch zu Händlern wie Edeka, dem Schwarz-Konzern und Co.

Monopolisierung im deutschen O-Saft-Markt


In Deutschland stellen rund 300 vorwiegend kleine und mittelständische Unternehmen Orangensaft her. Abgefüllt wird der Saft von Unternehmen wie Eckes-Granini, Refresco oder Stute. Viele Abfüller sind selbst Markenhersteller, manche füllen den Saft aber auch nur für den Handel und dessen Eigenmarken ab. Die bekanntesten Marken sind Granini, Valensina oder Beckers Bester. Vertrieben wird O-Saft in Deutschland vor allem in Supermärkten oder Getränkefachgeschäften. Ein zentraler Player ist Edeka.

Hungerlöhne bei der Orangenernte in Brasilien

Foto: CIR

Über die Hälfte des in Deutschland konsumierten Orangensafts kommt aus Brasilien. Dort liegt für wichtigste Region für den Orangenanbau in und um den Bundesstaat São Paulo, doch auch im Nordosten des Landes werden Orangen angebaut. Was die Regionen gemeinsam haben: Die Arbeitsbedingungen bei der Ernte sind schlecht. Generell ist die Orangenernte sehr arbeitsintensiv, da die Orangen per Hand gepflückt werden. Der Lohn der Orangenpflücker*innen ist in der Regel so gering, dass er nicht für ein Leben in Würde reicht. Mehr dazu.

Der bittere Beigeschmack

Der Missbrauch der Nachfragemacht durch die großen Supermarktkonzerne auf der einen und der Saftproduzent*innen im Anbauland auf der anderen Seite führt zu unlauteren Wettbewerbspraktiken, sowohl beim Verkauf in Deutschland als auch bei der Produktion in Brasilien und auf allen Ebenen der landwirtschaftlichen Wertschöpfung. Der Preisdruck hat besonders für Kleinbäuerinnen und -bauern sowie für Arbeiter*innen negative Auswirkungen: Sie leiden oft unter unsicheren Lebensgrundlagen und prekären Anstellungsverhältnissen und sind betroffen von der Umweltzerstörung vor Ort.
So häufen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette des beliebten Frühstücksgetränk der Deutschen die sozialen und ökologischen Probleme:

Wie kann es anders gehen? Unsere Arbeit für eine faire und nachhaltige Orangen-Lieferkette

Die CIR macht sich in verschiedenen Projekten und Kampagnen stark für die Arbeiter*innen in Brasilien, für dir Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz in den Orangenlieferkettten. Erfahrt hier mehr.

Porträt von Sandra Dusch Silva

Die aktive Förderung von kleinbäuerlichen Betrieben hin zu Genossenschaften und dem fairen Handel ist eine Möglichkeit, die strukturellen Abhängigkeiten zu reduzieren. Diese Maßnahmen müssen aber durch gesetzliche Rahmenbedingungen ergänzt werden, wie die Garantie einer unternehmerischen Sorgfalt, auch in konzentrierten Märkten. Zudem braucht es mehr Transparenz: Diese sollte die schwächsten Akteur*innen in der Wertschöpfungskette in den Mittelpunkt stellen – Kleinbäuerinnen und -bauern und Arbeiter*innen – sowie Informationen über den durchschnittlichen Erzeugerpreis bzw. die durchschnittlichen Löhne innerhalb der Wertschöpfungskette beinhalten, um den Teufelskreis des Unterbietungswettbewerbs zu durchbrechen.

(Sandra Dusch Silva, CIR)

Vernetzung der Zivilgesellschafft gegen Menschenrechts-
verletzungen

Frau hält Glas mit Orangensaft in Kamera
Foto: Jeshoots/Pixabay

In Brasilien arbeiten wir mit unterschiedlichen Partner*innen zusammen. Durch die Partnerschaft mit Repórter Brasil, einer Organisation investigativer Journalist*innen, wurde das zivilgesellschaftliche Bündnis Aliança da Sociedade Civil gegründet, das auf nationaler Ebene bei der lösungsorientierten Erarbeitung von Positionen zu den Problemen und Herausforderungen der globalen Orangensaftlieferkette. Hier gibt es weitere Informationen zu Aliança da Sociedade Civil.
Auf lokaler Ebene ermöglichen wir in den Regionen Bahia und Sergipe den Kleinbäuer*innen der Kooperativen Coopealnor und Cooperin Zugang zu Schulungen zu nachhaltigen Techniken und Betriebswirtschaft. Hier gibt es weitere Informationen zu den Aktivitäten in Sergipe und Bahia.

Unsere Partnerschaft zur Förderung von nachhaltigem Orangensaft


Um den sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen zu begegnen, die Anbau, Ernte und Weiterverarbeitung von Orangen in Brasilien mit sich bringen, wurde im Dezember 2020 die Partnerschaft für Nachhaltigen Orangensaft (PANAO) gegründet. Die Romero Initiative (CIR), Beckers Bester, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Kaufland, die REWE Group, TIE, TransFair e. V. (Fairtrade Deutschland) und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) verpflichteten sich als Mitglieder, soziale Gerechtigkeit und Arbeitsrechte sowie Arbeits- und Umweltschutz in der Orangensaftlieferkette aktiv zu fördern. Leider wurde das Projekt Ende 2023 eingestellt. Hier gibt es weitere Informationen zu PANAO.

Unsere Kampagnenarbeit für ein faires Lebensmittelsystem unterstützen:

Publikationen

Weitere Informationen zu unserer Arbeit für faire Lieferketten im Lebensmittelsektor

Our Food Our Future
Initiative Lieferkettengesetz

Porträt von Sandra Dusch Silva

Ich bin für Ihre Fragen da:

Sandra Dusch Silva
Referentin für nachhaltige Lieferketten und Kleidung
duschnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 030 - 41723800

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