Bergbau und Rohstoffe

Guapinol: Ein Ende des Umweltskandals ist nicht in Sicht

Acht zu Unrecht inhaftierte Menschenrechtsverteidiger sind wieder frei. Aber Frieden ist rund um den Fluss in Honduras längst nicht eingekehrt.

September 2022 / von Knut Henkel

Das Tagebauprojekt Guapinol hat seit seiner Genehmigung starke Konflikte in der Region ausgelöst. Die Bergbaugegner*innen wollen verhindern, dass eine geplante Eisenerzmine zwei Flüsse verschmutzt und so die Trinkwasserversorgung der Anwohner*innen gefährdet.
Foto: Knut Henkel

Eine Konzession, zwei Flüsse, eine Mine und eine Pelletieranlage für die Verarbeitung von Nickelerz: Das sind die Zutaten für den Umweltskandal von Guapinol in Honduras. Internationale Schlagzeilen hat die Kriminalisierung der Umweltschützer gemacht, die im Januar aus der Haft entlassen wurden. Doch ein Ende ist nicht in Sicht.

Vom Haus mit dem Friseursalon und Nachbarschaftsladen von Juana Zúniga und ihrem Ehemann José Cedillo bis zum Ufer des Río Guapinol sind es nur ein paar hundert Meter. Die beiden leben in der „Zona Estratégica“, in direkter Nähe zum Río Guapinol und zur Nickelerz-Pelletierungs-Anlage von „Inversiones Los Pineros“ (ILP) in Honduras. Die Anlage, erst vor wenigen Wochen fertiggestellt, befindet sich am anderen Flussufer vom Guapinol. Der breite Fluss mäandert gemächlich an den von Wald bedeckten Uferstreifen entlang. Friedlich sieht es aus, wären da nicht die dicken mit Parolen in hellblauer und weißer Farbe verzierten Felsen im Flussbett. „Wir lieben dich Guapinol“, „Nein zum Bergbau“, „Guapinol widersteht“ ist auf den mächtigen Brocken zu lesen, die der Fluss irgendwann einmal hier abgelegt hat.

Anlage verursacht unerträglichen Lärm

Juana Zúniga, die fast alle in der Nachbarschaft nur unter ihrem Spitznamen „Monchi“ kennen, ist nur noch selten allein am Ufer unterwegs. Wenn, dann meist mit Freund*innen von der lokalen Umweltorganisation, die mit „Guapinol Despierta“ (Guapinol wach auf!) auch eine Facebook-Seite betreiben. So wie heute, einem Tag Ende August, wo die Gruppe nach einem Treffen im benachbarten Tocoa mit Padre Melo, dem Jesuitenpater und Leiter des Forschungszentrums ERIC aus El Progreso, noch einmal zum Guapinol gefahren ist.

Juana Zúniga vom Gemeindekomitee zur Verteidigung der Gemeingüter in Tocoa.
Foto: Knut Henkel

Heute ist der Lärm der Pellitierungsanlage am anderen Ufer nur gedämpft zu hören. Doch meist ist der Lärm der Anlage, die Eisenerzbrocken in kleine Pellets zermörsert, „unerträglich“, so Gabriela Sorto. Sie wohnt in direkter Nähe der Anlage und die ersten Nachbar*innen klagen über ständige Kopfschmerzen. „Es wird, obwohl die Anlage noch nicht abgenommen ist, rund um die Uhr produziert. Für uns ein Verstoß gegen die Lizensierungsvorgaben“, so die junge Frau. Sie ist Tochter von Porfirio Sorto, einem von acht Umweltaktivisten, die mehr als 900 Tage aufgrund konstruierter Anzeigen in Untersuchungshaft saßen.

Acht Umweltschützer zu Unrecht verurteilt

Zu Unrecht wie Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty Interrnational, aber auch die Vereinten Nationen wiederholt kritisierten. Auch José Cedillo, Ehemann von Juana Zúniga, gehörte zu den acht Männern, die im Gefängnis von Tocoa saßen und die das lokale Gericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt hätte, wenn nicht am 10. Februar das Verfassungsgericht interveniert hätte. Die höchste juristische Instanz des Landes sorgte nach der Vereidigung der ersten Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, für ein Ende der Kriminalisierungsposse, so der international bekannte Jurist Joaquín Mejía. „Die Richter, allesamt noch von Ex-Präsident Juan Orlando Hernández ernannt, ordneten die Freilassung der acht Männer an, die unter fingierten Anschuldigungen in Untersuchungshaft saßen“, so Mejía.

Mejía glaubt, dass die Richter ihren miesen Ruf aufpolieren wollten, da sie in Honduras als Handlanger der alten, korrupten und erzkonservativen Kräfte gelten. Inhaftiert wurden die acht Umweltschützer, weil sie am 7. September 2018 an der Errichtung eines Protestcamps gegen den Bau der beiden Eisenerzminen des honduranischen Unternehmens Inversiones Los Pinares (ILP) im Nationalpark Montaña de Botaderos Carlos Escaleras beteiligt waren. Sie protestierten dagegen, dass die Bergbau-Konzessionen im Bezirk Tocoa unter Verletzung geltenden Rechts, darunter der ILO-Konvention 169 zum Schutz indigener Völker, erteilt wurden. Daraufhin wurde Haftbefehl wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Freiheitsberaubung und schwerer Brandstiftung gegen acht Aktivisten erlassen. Die Anklagepunkte sind vom Tisch, die acht Aktivisten auf freiem Fuß.

Umweltministerium will Zulassung der Anlage prüfen

Doch an der Situation in Guapinol hat sich wenig geändert, trotz der Visite einer Expertenkommission aus dem Umweltministerium Ende August. „Wasser-, Luft, Bodenproben wurden genommen, die Pelletierungsanlage inspiziert, wobei Verstöße gegen die Konzessionsauflagen registriert wurden“, berichten die Aktivisten vor Ort und deren Anwältin Rita Romero. Auf der Webseite von Inversiones Los Pineros wird das bestritten. Dort wird behauptet, dass die installierte Anlage höchsten internationalen Standards entspreche und dass nach höchsten Umweltstandards gearbeitet werde.

„Guapinol wir lieben dich!“, ist auf einem der Steine im Fluss zu lesen.
Foto: Knut Henkel

Nun muss sich zeigen, ob das Umweltministerium das ebenfalls so sieht. Umweltminister Lucky Medina hat angekündigt, nach und nach alle vergebenen Konzessionen von Experten seines Ministeriums überprüfen zu lassen. „Bei Verstößen wird die Staatsanwaltschaft für Umweltdelikte aktiv werden, so das Prozedere“, erklärt der Minister in seinem Büro in Tegucigalpa. Das bestätigt auch die Anwältin Rita Romero, die zugleich moniert, dass wichtige zuständige Stellen auch Monate nach der Vereidigung der neuen Regierung noch immer nicht besetzt sind. So sei der Staat nicht handlungsfähig.

Lokale Bevölkerung wurde nicht konsultiert

Zudem weist sie darauf hin, dass Inversiones Los Pinares (ILP), hinter dem das steinreiche Ehepaar Lenir Pérez und Isabel Facussé stehen, extrem gut vernetzt sei – bis in den Präsidentenpalast. Das könnte dazu beitragen, dass ein Entzug der Konzession, den die Aktivisten aus Guapinol aufgrund der nicht erfolgten „Consulta previa“ (vorherige Befragung der Bevölkerung) und der Verletzung des nationalen Schutzgebietes Montaña de Botaderos Carlos Escaleras anstreben. Die lokale Bevölkerung hätte laut der ILO-Konvention 169 vor der Aufnahme der Bergbauaktivitäten informiert und um Zustimmung gebeten werden müssen, was nicht passiert ist. Fakten, die auch der bekannte Jesuitenpater Melo nur zu gut kennt.

Doch auch Padre Melo, alias Ismael Moreno, ist skeptisch. Er weiß aus sicherer Quelle, dass der Unternehmer Lenir Pérez einen guten Draht zum Ex-Präsidenten José Manuela Zelaya hat. Der ist wiederum Berater und Ehemann der Präsidentin Xiomara Castro. Genau das mutmaßt Padre Melo, könnte ein Grund sein, weshalb in Honduras bisher keine Konzessionen für große Bergbau- und Wasserkraftwerke annulliert wurden. Doch das ist nur eine von mehreren Optionen.

Porträt von Christian Wimberger

Ich bin für Ihre Fragen da:

Christian Wimberger
Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
wimbergernoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-21