Kleidung

Der Fall „STAR“

– Ein Paradebeispiel für
„Union-Busting“?

August 2019

Transparent der Gewerkschaft SITRASTAR
Foto: EMIH

Im Juli 2019 schloss das kanadische Unternehmen Gildan ganz unvermittelt eine große Nähfabrik in El Progreso, im Norden von Honduras. Die Schließung erwischte alle eiskalt. „Standortkonsolidierung“ lautete die Begründung. Über Tausend Näher*innen verloren von einem auf den anderen Tag ihre Arbeit.

Die meisten von ihnen arbeiteten seit 15 Jahren oder sogar länger bei STAR und nähten dort schon für Nike, Adidas und Reebok Sportkleidung. Damals gehörte die Fabrik noch Anvil, bevor 2012 der Bekleidungs-Gigant Gildan die Produktionsstätte übernahm. Nach einem Übergang wurde die Belegschaft bereits drastisch verringert und einige Abteilungen, wie der Zuschnitt von Stoffen und die Verpackung der fertigen Kleidungsstücke, wurden in andere Städte verlegt. 2017 wurde dann die Produktion für andere Marken reduziert und eine weitere Entlassungswelle überrollte die Arbeiterschaft.

Formelle Arbeitsplätze sind im Norden von Honduras äußerst knapp, die Fabrik war zudem auch eine indirekte Einkommensquelle für den informellen Sektor mit unzähligen Verkaufsständen vor den Toren der Sonderwirtschaftszone und vielen Taxifahrer*innen, die täglich Näher*innen zu ihrer Schicht fuhren und abholten.

Auffällig bei allem ist: die Fabrik „STAR“ war bekannt für eine gut organisierte Arbeiterschaft mit einer anerkannten Gewerkschaft (SITRASTAR), die bereits eine Reihe von Kollektivverträgen erfolgreich ausgehandelte hatte. Eine Seltenheit im Land! Der letzte wäre eigentlich bis 2021 noch gültig, aber Gildan zahlte bisher nicht einmal die gesetzlich rechtmäßigen Entschädigungen in vollem Umfang.

Das Angebot zur Übernahme in eine andere Gildan-Fabrik ohne Kollektivvertrag in einer anderen Stadt unter Aufgabe der bereits erkämpften Zugeständnisse an die Arbeiter*innen und noch dazu mit weniger Lohn ist für die meisten keine Option. Die Näherin Liceth Molina, 33 Jahre, erklärt: „Mein Arbeitstag wäre dann 17 Stunden lang, also 11 Stunden Arbeit und 6 Stunden Fahrzeit, das könnte ich einfach nicht.[…] Am meisten schmerzt es, dass wir, die wir dem Unternehmen über Jahre zu ihren Gewinnen verholfen haben, nun einfach fallen gelassen werden. Und viele von uns sind alleinerziehende Mütter, wir stehen jetzt ohne Einkünfte dar und können uns nicht mehr versorgen.

SITRASTAR wird von unserer Partnerorganisation EMIH in den anhaltenden Verhandlungen unterstützt. Das Team hilft mit Rechtsberatung, bei Pressekonferenzen, und berät in der Verhandlungsstrategie.

Porträt von Kirsten Clodius

Ich bin für Ihre Fragen da:

Kirsten Clodius
Referentin für Honduras, Nicaragua
clodiusnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-18