Beschaffung

Appell: Wir fordern eine gesetzliche Verankerung für nachhaltige Beschaffung

Bürgermeister*innen, Initiativen und Unternehmen fordern verbindliche Nachhaltigkeitsstandards und menschenrechtliche Kriterien in der öffentlichen Beschaffung. Nachdem das Regierungskabinett die Gesetzesentwürfe für eine nachhaltige Beschaffung beschlossen hat, muss nun der Bundestag die Reform verabschieden!

Miniatur-Einkaufswagen gefüllt mit Paketen vor einem Laptop

Foto: Achira22’s Images/Canva

Die öffentliche Hand in Deutschland gibt pro Jahr schätzungsweise ca. 500 Mrd. Euro für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen aus (OECD 2019).
Zivilgesellschaftliche Organisationen wie Romero Initiative und viele Fairtrade-Towns-Gruppen setzen sich seit Jahren dafür ein, dass diese Einkaufsmacht genutzt wird, um von Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechten, Sozialstandards und Umweltnormen einzufordern. Vorreiterstädte wie Bremen, Dortmund, Köln, München, Hamburg und Berlin haben bereits gezeigt, dass eine nachhaltige Beschaffung von Produkten wie Arbeitsbekleidung, Lebensmitteln, Computern und Spielwaren möglich ist. Doch in der Breite wird das Potential noch nicht genutzt, weil es keine einheitlichen Regelungen für die Bundes-, Länder und kommunale Ebene gibt.

Bürgermeister*innen, Initiativen und Unternehmen fordern gesetzliche Vorgaben für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung

Aktuell haben wir die Chance, von der Bundesregierung die Einführung einer gesetzlichen Verankerung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung zu fordern. Denn die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, „die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ auszurichten und die Verbindlichkeit zu stärken“.

Im Rahmen des CorA-Netzwerks für Unternehmensverantwortung haben wir einen Appell initiiert. Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, gesetzlich verpflichtende Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltnormen beim Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen einzuführen! Mit einer gesetzlichen Pflicht zur nachhaltigen Beschaffung können Kommunen durch die Hebelwirkung ihres Einkaufs zu einer sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft beitragen. Für Unternehmen hätte die Regelungen den Vorteil, dass sie sich langfristig auf gleiche Anforderungen der öffentlichen Hand einstellen können.

Foto: ©Kareen Kittelmann

„Wir haben im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gezeigt, dass Kommunen Produkte wie Natursteine, Fußbälle oder Lebensmittel fair und ökologisch einkaufen können. Es ist Zeit, dass menschenrechtliche Verantwortung und ökologische Prinzipien in der öffentlichen Beschaffung selbstverständlich werden!“

Clara Herrmann, Bezirksbürgermeisterin Friedrichshain-Kreuzberg/Berlin

Insgesamt über 70 zivilgesellschaftliche Organisationen, 16 (Ober)Bürgermeister*innen sowie zahlreiche Unternehmen, Verbände, Zertifizierungsorganisationen und Expert*innen fordern in dem Appell die Bundesregierung auf, gesetzlich verpflichtende Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltnormen beim Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen einzuführen. „Dass Großstädte wie Dortmund, Bremen und Saarbrücken und kleinere Kommunen sowie nachhaltige Unternehmensverbände und Zertifizierungsorganisationen unseren Appell unterstützen, zeigt, dass längst nicht nur Nichtregierungsorganisationen Verbindlichkeit bei der sozial verantwortlichen und nachhaltigen Beschaffung erwarten“, sagt Christian Wimberger, Referent für Unternehmensverantwortung bei der Romero Initiative.

Wirtschaftsministerium legt Entwurf vor

Im Oktober legte das Bundeswirtschaftsministerium Gesetzesentwürfe für das „Vergabetransformationspaket“ vor. Dieses sieht einerseits eine Vereinfachung des Vergaberechts vor: Öffentliche Auftraggeber*innen müssen nicht mehr ab einem Wert von 1.000 Euro Vergabeverfahren umsetzen, sondern erst ab 15.000 Euro. Anderseits würde der Entwurf die nachhaltige Beschaffung stärken. Die Reform sieht eine Soll-Regelung vor, nach der bei jeder Vergabe entweder ein soziales oder ein ökologisches Kriterium gefordert werden soll (Soll-Regelung). Für bestimmte Produkte wie Bekleidung und IT-Produkte müsste in Zukunft ein ökologisches Kriterium und für Produkte wie Bananen, Kakao und Bekleidung ein soziales Kriterium berücksichtigt werden (Muss-Regelung). Außerdem sollen Aufträge an gemeinwohlorientiert Unternehmen bis zu einem Auftragswert von 100.000 Euro ohne aufwändige Vergabeverfahren vergeben werden können. Die Romero Initiative kritisiert in einer offiziellen Stellungnahme, dass es keine Verpflichtung für die Einforderung internationaler Menschenrechte gibt.

Jetzt ist der Bundestag am Zug!

Nach dem Ende der Ampel-Koalition stand die Vergaberechtsreform auf der Kippe. Ende November hat die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen die Reform aber doch noch im Kabinett beschlossen. Jetzt sind der Bundestag und der Bundesrat am Zug. Sie müssen die Reform verabschieden. Aus Sicht der Romero Initiative ist die Reform nicht perfekt. Dennoch würde sie die nachhaltige öffentliche Beschaffung stärken. Am 20. Dezember 2024 soll das Gesetzespaket dem Bundestag zur Abstimmung übergeben werden. Da SPD und Grüne keine Mehrheit im Bundestag haben, sind sie auf die Zustimmung weiterer Parteien angewiesen. Wir fordern insbesondere die Union (CDU/CSU) und die FDP auf, der Reform zuzustimmen ihrer Verantwortung für die sozial-ökologische Transformation nachzukommen! Außerdem müssen sie auch dem Tariftreuegesetz zustimmen: Unternehmen sollen ihren Arbeitnehmer*innen künftig tarifvertragliche Arbeitsbedingungen sicherstellen, wenn sie öffentliche Aufträge ausführen. Dafür werden wir uns u. a. in einer Mitmach-Aktion in den Social Media einsetzen.

Porträt von Christian Wimberger

Ich bin für Ihre Fragen da:

Christian Wimberger
Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
wimbergernoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-21