Spielzeug

Toys Report 2018

Bericht zu den Arbeitsbedingungen in der chinesischen Spielzeugindustrie

7. Dezember 2018

Die investigative Recherche der Arbeitsrechtsorganisationen China Labor Watch (CLW) und Christliche Initiative Romero (CIR) enthüllt im Toys Report 2018 erneut menschenunwürdige Bedingungen in der Spielwarenproduktion Chinas. Zu den Auftraggebern der von April bis September 2018 verdeckt untersuchten Spielzeugfabriken gehören auch die namhaften deutschen Hersteller Simba Dickie Group, Schleich und Ravensburger.
Damit hier die Kinderaugen beim Weihnachtsfest leuchten, läuft die Spielwarenproduktion in China bereits im Sommer auf Hochtouren. Über 80 Überstunden im Monat müssen die Fabrikarbeiter*innen in dieser Phase leisten. In der Fabrik Wah Tung Toy Products, in der das deutsche Großunternehmen Simba Dickie die beliebte Figur „Feuerwehrmann Sam“ produzieren lässt, sogar bis zu 175 Stunden. Die chinesischen Gesetze sehen eine Obergrenze von 36 Stunden vor – doch selbst mit der vierfachen Überstundenzahl kommt kein existenzsichernder Lohn, der die Grundbedürfnisse befriedigt, zustande. Gesundheitliche Risiken sind in der Fabrik Lovable Products ein großes Problem. Hier werden vor allem Schleich-Tiere wie der Lava-Drache oder die Appaloosa-Pferde sowie weitere Spritzgußfiguren für Safari und Ravensburger hergestellt.

Arbeitsalltag in der Fabrik

»Der Vorarbeiter sagte, dass wir die Produktionsquote unbedingt einhalten müssen. Egal wie viele Überstunden wir dafür machen müssen.«

»Bei den meisten im Spritzguss hergestellten Kunststoffprodukten muss man Grate entfernen. Dafür braucht man eine Rasierklinge. Es gibt aber nur eine Klinge ohne Griff. Wenn man mit bloßen Händen damit arbeitet, ist das ziemlich gefährlich.«

Alltägliche Rechtsverletzungen

Überall dort, wo in der Produktion geschmolzen und geklebt, mit hochgiftigem, krebserregendem Benzol gereinigt oder mit Sprühfarben gearbeitet wird, lauern Gefahren, denen die Arbeiter*innen ohne ausreichende Anleitung und Schutzausrüstung ausgeliefert sind. Die Markenfirmen interessiert meist vordergründig, dass im Endprodukt keine unerlaubten Substanzen auftauchen, denn die Toxizität im Produkt wird durch die europäische REACH-Verordnung geregelt. Sie bescheinigt den Kund*innen ein geringes Schadstoffrisiko. Doch die Verantwortung für toxische Produktions- und Reinigungschemikalien, Lackdämpfe, mangelnde Belüftung und fehlende Schutzmasken lagern die Markenfirmen an die Fabriken aus, die im Preiskampf oft andere Prioritäten setzen. Den Arbeitnehmer*innen bringt die REACH-Verordnung wenig, da insbesondere flüchtige, kaum nachweisbare Chemikalien wie Benzol zu schweren Erkrankungen führen können. Auch nach den extrem langen Schichten finden die Arbeiter *innen kaum Ruhe und Erholung. In den Fabriken Wah Tung und Lovable sind acht bis zehn Arbeiter*innen in engen und kargen Schlafräumen untergebracht. Die Sanitäranlagen sind oft stark verdreckt, warmes Wasser in den Duschen ist eine Seltenheit. Es muss in großen Eimern von den Arbeiter*innen herangeschleppt werden.

Handbemalung von Schleich-Pferden und Kühen in der Fabrik Lovable
Foto: China Labor Watch

Schlafraum für 10 Arbeiter*innen der Fabrik Wah Tung
Foto: China Labor Watch

Erschöpfte Arbeiter*innen in der Fabrik Wah Tung.
Foto: China Labor Watch

Verhaltenskodizes: Mehr Schein als Sein

In punkto Arbeitsrechte in ihren Lieferketten verweisen die Unternehmen regelmäßig auf Verhaltenskodizes, an die sich die Produktionsstätten halten müssten. Unternehmensinitiativen wie etwa das ICTI Ethical Toy Program des Internationalen Spielwarenverbandes und amfori BSCI sind jedoch intransparente und unwirksame Instrumente, die Zertifikate auch an arbeitsrechtlich fragwürdige Fabriken vergeben, wie die jüngste Recherche erneut belegt. Für nachhaltige Verbesserungen in ihren Lieferketten müssen Spielwarenhersteller ihre Einkaufspraxis umstellen und sich transparent und unabhängig kontrollieren lassen. Immerhin: Ravensburger befindet sich mit Akteuren der Zivilgesellschaft in einem Stakeholder-Dialog, Schleich bekundet eine gewisse Offenheit, die Mitgliedschaft in einer glaubwürdigen Multi-Stakeholder-Initiative in Erwägung zu ziehen. Simba Dickie hingegen äußerte sich bislang nicht zu den eklatanten Arbeitsrechtsverletzungen bei Wah Tung Toy Products.

Druck wirkt!

Auch in Zukunft ist daher der kontinuierliche Druck einer gut informierten Öffentlichkeit von großer Bedeutung, um die Unternehmen an ihre Verantwortung zu erinnern und um den Arbeiter*innen Raum zu geben, selbst für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten.

Porträt von Maik Pflaum

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Maik Pflaum
Bereichsleitung Ausland, Referent für El Salvador, Kleidung, Spielzeug
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