Öffentliche Beschaffung

Best Practice – Wie sozial verantwortliche Beschaffung von Lebensmitteln gelingt

Fairen Handel fördern: Öffentliche Einrichtungen haben es in der Hand!

Öffentliche Lebensmittelbeschaffung geht sozial verantwortlich

Das Bewusstsein dafür, dass in der globalen Nahrungsmittelproduktion immer noch Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen stattfinden, nimmt stetig zu. Die Absatzahlen fair-zertifizierter Lebensmittel steigen seit Jahren. Jedoch bietet die öffentliche Beschaffung noch viel Potenzial zur Verbesserung.

So ist die öffentliche Hand durch die Verpflegung in staatlichen Schulen, Kitas und Krankenhäusern sowie beim Catering von Großveranstaltungen vielfältig an der wachsenden Außer-Haus-Versorgung beteiligt. Durch eine fairere Lebensmittelbeschaffung können öffentliche Einrichtungen die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten in der Nahrungsmittelproduktion fördern. Unsere Best-Practice Beispiele zeigen, wie das aussehen kann.

Foto: Thomas Walter

Die deutsche Hauptstadt mit fast 3,7 Millionen Einwohner*innen wurde 2018 erstmalig als Fairtrade-Town ausgezeichnet und konnte sich den Titel 2020 für zwei weitere Jahre sichern. Als Fairtrade-Town setzt sich Berlin dabei auch für fair zertifizierte Lebensmittel in der Schulverpflegung ein.

Mit einem geschätzten Auftragsvolumen von ca. 165.000 Mahlzeiten pro Tag haben die Berliner Bezirke mit dem Schulessen an öffentlichen Grundschulen einen großen Hebel auf dem Markt für sozial verantwortlich produzierte Lebensmittel. Seit Sommer 2020 sollen Reis, Bananen und Ananas ausschließlich aus dem fairen Handel bezogen werden, sofern sie aus dem Globalen Süden stammen. Dies entspricht etwa 30 Tonnen Reis und fast einer halben Million Bananen pro Monat.

Um dieses Ziel umzusetzen, wurde auf Landesebene eine gemeinsame Musterausschreibung erarbeitet, deren soziale Kriterien von der Christlichen Initiative Romero e.V. mitentwickelt wurden. Auf diese greifen die Berliner Bezirke nun zurück. So heißt es beispielsweise in der Ausschreibung zum Schulmittagessen für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg:

„werden im Rahmen der Leistungserbringung Reis (ausgenommen Rundkornreis), Bananen und Ananas eingesetzt, müssen diese nachweislich unter Einhaltung der nachfolgend genannten Kriterien des Fairen Handels bei Anbau, Ernte und Verarbeitung produziert und verarbeitet werden, in Anlehnung an die Mitteilung der EU-Kommission zum Fairen Handel [KOM (2009)215 endgültig].“

Die dort aufgeführten Kriterien beziehen sich dabei unter anderem auf einen fairen Preis, Transparenz in der Lieferkette, Achtung der Umwelt und Schutz der Menschenrechte. Als Nachweis zur Einhaltung dieser Kriterien werden ausschließlich unabhängige Zertifikate akzeptiert. Dazu zählen die Gütezeichen Fairtrade, Fair for Life, Símbolo de Pequeños Productores (SPP), Naturland Fair oder gleichwertige Qualitätssiegel sowie die Mitgliedschaft in der World Fair Trade Organization (WFTO).

Anlässlich der neuen Anforderungen beim Schulmittagessen wurde im Vorfeld ein Bieterdialog mit 60 potenziellen Auftragnehmer*innen durchgeführt, um die Grundproblematik der Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette sowie Beispiele einer sozial-nachhaltigen Beschaffung von Reis, Bananen und Ananas aufzuzeigen.

Foto: planet_fox

Die 183.000-Einwohner*innen-Stadt Saarbrücken wurde 2009 als erste deutsche Fairtrade-Town ausgezeichnet. 2015 wurde angeordnet, dass der Grundsatz der nachhaltigen Beschaffung im Rahmen der Leistungsbeschreibung bzw. der Angebotsnachfrage „bei allen Beschaffungsvorgängen im Rahmen des rechtlich Möglichen und wirtschaftlich Vertretbaren berücksichtigt werden soll“ (Dienstanweisung für die Vergabe von Lieferungen und Leistungen, 2015).

Als Trägerin städtischer Kitas und Grundschulen macht die Landeshauptstadt die Verwendung von fair zertifizierten Produkten zu einem festen Bestandteil der Mittagsverpflegung. Bei der Ausschreibung für das Mittagessen der städtischen Kitas wird verbindlich vorgeschrieben, dass Bananen, Honig, Zucker, Reis und Kakao aus Fairem Handel stammen müssen:

„Die Landeshauptstadt Saarbrücken als erste deutsche Fair-Trade-Stadt wurde bereits mehrfach für ihr Engagement bundesweit ausgezeichnet. Im Rahmen der Speisenzubereitung können auch Produkte aus „Fairem Handel“ eingesetzt werden, sofern regionale Produkte saison- oder anbaubedingt nicht zur Verfügung stehen.

Diese Produkte müssen im Einklang mit den Kriterien der Resolution über Fairen Handel und Entwicklung des Europäischen Parlaments (A6-0207/2006) hergestellt werden. Der Einsatz dieser Produkte im Rahmen der Auftragsdurchführung ist in Form von ausgewiesenen Siegeln oder Zertifikaten nachzuweisen. Der Einsatz von fair gehandelten Gewürzen ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend.

Ausschließlich aus Fairem Handel sind zu verwenden: Bananen, Honig, Zucker, Reis, Kakao. Soweit Obst regional nicht verfügbar ist, ist Obst aus Fairem Handel zu beziehen.“

Als Nachweis für die fair zertifizierten Lebensmittel verlangt die Stadt ausgewiesene Gütezeichen des Fairen Handels oder den Kauf bei Fair-Handelsorganisation, wie z.B. bei der GEPA.

Neben einem Informationsschreiben an potenzielle Cateringunternehmen fand auch ein Bieterdialog statt. Hierbei äußerten die potenziellen Bieter*innen keine Bedenken bezüglich der Kriterien zum Fairen Handel. Nach Ansicht der Verantwortlichen wird die Verwendung von fair zertifizierten Produkten insbesondere durch die Festlegung einzelner verpflichtend aus dem Fairen Handel stammender Lebensmittel gesteigert.

Drei der städtischen Einrichtungen sind inzwischen als sogenannte „Faire Kita“ ausgezeichnet worden. Außerdem wird mit Vorschulkindern zum Thema Fairer Handel gearbeitet, wodurch das Thema fester Bestandteil des Kita-Alltags ist. Ein weiterer Lernort ist das Lesecafé der Stadtbibliothek, auch dort wird fair gehandelter Kaffee im Kaffeeautomaten angeboten.

Foto: Hans

Die Stadt Dortmund gehört seit 2009 zu den deutschen Fairtrade-Towns und baut seitdem ihr Engagement für die sozial verantwortliche Beschaffung immer weiter aus. Unter anderem wurde ein Rahmenvertrag abgeschlossen, aus dem alle kommunalen Kindertagesstätten (über 100 Einrichtungen) ihren Bedarf für öko-faire Lebensmittel abrufen. 

Der ausgeschriebene Bedarf umfasst ein Warenvollsortiment für die Dauer von vier Jahren ab Auftragserteilung. Die Produkte müssen dabei eine zertifizierte Bio-Qualität vorweisen und teilweise fair gehandelt sein. Als Vertragsgrundlage dient das von dem/der Bieter*in eingereichte VollsortimentVerschiedene Grundnahrungsmittel wie nichtalkoholische Getränke (Wasser und Säfte), Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Trockenobst und Nüsse, Süßmittel und Konfitüren, Backzutaten, Konserven, Brot und Gebäck sowie Speisefette und Öle sollen darin unter anderem abgedeckt sein. 

Ferner gilt, dass Obst und Gemüse vorrangig saisonal und regional zu beschaffen sind. Sofern Lebensmittel nur im Klima des Globalen Südens angebaut werden (wie z.B. Kaffee, Kakao und tropische Früchte), sollen sie aus fairem Handel angeboten werden. Als Nachweis werden das Fairtrade-Siegel und Siegel gleichwertiger Art anerkannt. Ist dies im Einzelfall nicht möglich, ist eine Deklaration nach den einschlägigen EU-Vorschriften vorgesehen. Die Bio-Qualität ist durch das deutsche Bio-Siegel, EU-Bio-Siegel oder ein gleichwertiges Zertifikat zu belegen. 

Foto: fsHH

Eimsbüttel mit seinen 250.000 Einwohner*innen ist einer von sieben Bezirken der Freien und Hansestadt Hamburg. Hamburg trägt seit 2011 den Titel Fairtrade Town und ist seit 2016 Mitglied im Netzwerk Bio-Städte.

Im aktuellen Hamburgischen Vergabegesetz (HmbVgG) ist geregelt, „dass bei Aufträgen über Lieferleistungen vorrangig Produkte beschafft werden sollen, die fair gehandelt wurden, sofern hierfür ein entsprechender Markt vorhanden und dies wirtschaftlich vertretbar ist“ (§ 3a Abs. 4 HmbVgG). Die Stadt bezieht für alle Behörden beispielsweise nur noch fair zertifizierten Kaffee.  Als Orientierungshilfe dient hierbei seit 2019 der eigene Leitfaden für umweltverträgliche Beschaffung. 

Seit 2017 setzt der Bezirk für die Wirtschaftskonferenz Eimsbüttel auf ein bio-faires Catering. Die Bewertung der Angebote orientiert sich an einer Bewertungsmatrix. Dabei werden faire und ökologische Kriterien nach ihrem prozentualen Anteil an der verwendeten Lebensmittelmenge positiv gewichtet. Als Nachweise fordert der Bezirk eine Zertifizierung von Tee, Kaffee und Orangensaft durch ein entsprechendes Gütezeichen des Fairen Handels bei Lieferung. Zusätzlich wird eine Verpflichtungserklärung bei Angebotsabgabe verlangt.

Als wichtigen Erfolgsfaktor für die Umsetzung sehen die Verantwortlichen das positive Feedback aus Politik und Verwaltung. Eimsbüttel hat die Erfahrung gemacht, dass die Kosten für Caterings, die faire, ökologische und regionale Kriterien erfüllen, nicht mehr als 15 Prozent über den Kosten für konventionelle Caterings liegen.

Foto: Ibokel

Auch der 330.000 Einwohner*innen starke Regionalverband Saarbrücken (entspricht dem Kreis) treibt die Idee des Fairen Handels aktiv voran und ist seit 2016 als “Fairtrade-Region“ ausgezeichnet. Als Träger der weiterführenden Schulen geschieht dies beispielsweise durch die Berücksichtigung fairer Lebensmittel beim Schulmittagessen sowie in Pachtverträgen von Schulkiosken und Schullandheimen.

Seit 2015 werden in den Kiosken ausschließlich Heißgetränke aus Fairem Handel verkauft. Zusätzlich gibt es ein wechselndes faires Angebot weiterer Produkte wie z.B. Kekse und Schokoriegel. Im Vorfeld gab es Gespräche mit den Pächter*innen bzw. Cateringfirmen für das Schulessen. Als Nachweise werden Gütezeichen des Fairen Handels eingefordert. Bei Veranstaltungen bietet der Regionalverband ausschließlich fairen Kaffee, Zucker und Kakao, bei speziellen Anlässen auch faire Säfte oder Nikoläuse an. Die Mitarbeitenden können zudem an vier internen Verkaufsstellen fair zertifizierten Kaffee und Tee erwerben. Zusätzlich steht in einem Gebäude der VHS ein Fair-O-Mat.

Die Auszeichnung als Fairtrade-Region war ein starker Erfolgsfaktor bei der Umsetzung, da die beteiligten Akteur*innen die Zertifizierung herbeiführen und auch halten wollen. Kommunikation, insbesondere Kund*innennähe, ist nach Ansicht der Verantwortlichen ein weiterer wichtiger Garant für die erfolgreiche Umsetzung. Die stetig steigende Akzeptanz des Fairen Handels sowie zunehmendes Interesse bei den Zielgruppen und Mitakteur*innen des Regionalverbands erleichtern ebenfalls die Implementierung des Fair Trade-Gedankens. 

Blick über den Tellerrand hinaus

Initiativen für sozial verantwortliche Beschaffung gibt es nicht nur innerhalb Deutschlands. Auch in anderen europäischen Städten und Gemeinden gibt es Bemühungen, soziale Kriterien wie die ILO-Kernarbeitsnormen und Menschenrechte in Ausschreibungen und Verträgen einzubinden. Die Richtlinie 2014/24/EU dient dabei als gemeinsame rechtliche Grundlage zur öffentlichen Auftragsvergabe für Kommunen.

Foto: vmajo

Die Stadtverwaltung Madrids hat 2016 eine obligatorische Sozialklausel in öffentlichen Verträgen und Genehmigungen eingeführt. Sie dient als Ergänzung zu einer bereits bestehenden Initiative zur Förderung eines verantwortungsvolleren Konsums. Öffentliche Einrichtungen der Metropole mit rund 3,4 Millionen Einwohner*innen werden in diesem Zuge dazu verpflichtet, eine Klausel zum fairen Handel anzuwenden.

Dabei muss mindestens ein zu 100 Prozent fair oder verantwortungsvoll gehandeltes Produkt in der Ausschreibung (entsprechend der Erklärung des Europäischen Parlaments für fairen Handel und Entwicklung 2005/2245) vorgegeben werden. Die Vorschrift findet bereits bei geringfügigen Verträgen Anwendung und umfasst ausgewählte Lebensmittel (Kaffee, Tee, Zucker, Süßwaren, Kekse, Kakao- und Schokoladenprodukte) unter anderem beim Einkauf für Catering-Dienste, Kantinen und Verkaufsautomaten.

Je nach Vertragsanforderungen kann die Klausel dabei als spezielles Leistungskriterium oder als Zuschlagskriterium berücksichtigt werden, wobei die Fairtrade-Vorgabe als Zuschlagskriterium mit bis zu 10 Prozent ins Gewicht fällt. Als Nachweise für die fair beziehungsweise verantwortungsvoll gehandelten Produkte werden Gütezeichen von unabhängigen Initiativen wie der World Fair Trade Organisation, Fairtrade, Naturland Fair, Fair for Life, Símbolo de Pequeños Productores, Rainforest Alliance, UTZ und Labels mit gleichwertigen Standards akzeptiert.

Während des Vergabeprozesses bescheinigen Bieter*innen über ein Online-Modul der Stadtverwaltung, dass eines ihrer Produkte zu 100 Prozent fair beziehungsweise verantwortungsvoll gehandelt wurde. Interessent*innen haben dabei die Möglichkeit, auf Vorlagen und Beispieldokumente zurückzugreifen. So soll den Bieter*innen das Ausfüllen der eigenen Unterlagen erleichtert werden. Aufgrund der Neuartigkeit des Verfahrens bot die Stadt Madrid ihren Mitarbeitenden außerdem eine spezielle Schulung zum Thema Fairtrade-Praktiken.

Zwischen 2016 und 2018 verabschiedete die Stadt Madrid bereits 126 Verträge mit der obligatorischen Sozialklausel, 47 davon bezogen sich auf die Essensverpflegung in Kindergärten.

Foto: aponferrada

Auch Oslo ist als Fairtrade-Town und Mitglied der Initiative Ethical Trade Norway darum bemüht, fairen und ethischen Handel zu fördern. Die Stadt mit knapp 700.000 Einwohner*innen hat 50 Behörden, die jeweils für ihre eigene Beschaffung zuständig sind. Die Agentur für Verbesserung und Entwicklung (AID) dient als zentrale Beratungsstelle für das Beschaffungswesen der Stadt und verwaltet die behördenübergreifenden Rahmenvereinbarungen.

Im Zeitraum 2017 – 2018 wurden von der AID drei solcher Rahmenvereinbarungen für die Beschaffung in den Kategorien Lebensmittel und Getränke, Obst und Gemüse sowie Molkereiprodukte initiiert. Der geschätzte jährliche Auftragswert für die drei Vertragsbereiche beläuft sich auf 6,9 Millionen Euro (NOK 80 Millionen). Im Einklang mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln wurde dabei auf Oslos Standard-Sozialvertragsklausel (gem. Art. 18.2 der Richtlinie 2014/24/EU) zurückgegriffen.

Um die Einhaltung der Sozialklauseln entlang der Lieferkette überprüfen zu können, mussten potenzielle Lieferant*innen ihr Qualitätsmanagement sowie ein geeignetes Rückverfolgungssystem in ihrer Bewerbung vorlegen. Ferner wurde in der Ausschreibung festgelegt, dass sowohl Kaffee als auch Bananen Fairtrade-zertifiziert sein müssen. Für weitere Produkte aus fairem Handel mit entsprechendem Nachweis (Fairtrade, UTZ oder ein gleichwertiges Siegel) wurden zusätzliche Punkte mittels Zuschlagskriterium vergeben.

Der Vertrag sieht außerdem vor, dass Lieferant*innen aktive Maßnahmen zur Förderung von fairen Arbeitsbedingungen und der Einhaltung von Menschenrechten durchführen. Dazu wurde 2018 ein Selbstbewertungsbogen von den Lieferant*innen ausgefüllt und sowohl ein interner Überwachungsprozess als auch eine externe Überwachung durch ein Team von Expert*innen angestoßen.

Seit der Einführung der Rahmenvereinbarungen und des Category Managements konnte der ethische Handel in Oslo merkbar vorangetrieben werden. Der Anteil öffentlich beschaffter fair- und bio-zertifizierter Bananen ist 2019 in den ersten vier Monaten von 3 Prozent auf 50 Prozent gestiegen. Bei fair-zertifiziertem Kaffee konnte der Anteil im gleichen Zeitraum von 9 Prozent auf 13 Prozent gesteigert werden.

Foto: armennano

Die belgische Hafenstadt Gent mit ihren 260.000 Einwohner*innen wurde 2005 zur ersten Fairtrade-Stadt Belgiens ernannt und erhielt 2018 die Auszeichnung zur ersten europäischen Hauptstadt des fairen und ethischen Handels. Die Stadt gilt als Vorreiterin der verantwortungsvollen Beschaffung. Gent überarbeitete 2014 die städtische Beschaffungspolitik und legte einen strategischen Fokus auf nachhaltige Beschaffungspraktiken. Dabei gelten die sieben Säulen der Nachhaltigkeitspolitik Gents als Grundlage. Eine der Säulen beinhaltet die Sicherstellung internationaler Arbeitsstandards sowie die Integration von Fair-Trade-Grundsätzen im staatlichen Angebot, so auch in der Beschaffung von Lebensmitteln. In einer Ausschreibung zur Lebensmittelversorgung in verschiedenen Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen heißt es übersetzt:

„Bei der Verwendung von Produkten und Rohstoffen, die nicht in Europa oder den USA hergestellt, sondern aus Entwicklungsländern importiert werden, wird Produkten der Vorzug gegeben, die aus dem fairen Handel stammen. Dies betrifft Fruchtsäfte von außerhalb Europas oder der USA, exotische Früchte, Bananen, Kaffee, Tee, Rohrzucker, Schokolade, Reis.“

Bananen müssen dabei zu 100 Prozent aus und fairem und organischen Anbau stammen. Dass ein aus dem Süden stammendes Produkt die Merkmale des fairen Handels erfüllt, kann durch Zertifikate von Fairtrade, Ecocert Fair Trade, Fair for Life oder andere gleichwertige Siegel nachgewiesen werden. Bieter*innen, die besondere Anstrengungen unternehmen, können dies in der Lebensmittelstrategie aufführen und bekommen (zusätzliche) Punkte für fair gehandelte Produkte. Ferner wird in der Ausschreibung festgehalten, dass die Verwendung von Palmöl verboten ist.

Die Stadt Gent entwickelte mit Partner*innen darüber hinaus eine nützliche Toolbox für die sozial verantwortliche Beschaffung von Arbeitskleidung, in der sie Erkenntnisse und konkrete Maßnahmen mit anderen öffentlichen Beschaffer*innen teilen. Der Leitfaden soll als Inspirationsquelle für nachhaltigere öffentliche Beschaffungsverfahren dienen. Dabei wird betont, dass das Prinzip der Lieferant*innenverpflichtung auf andere Produktgruppen übertragbar ist.

Foto: arniii

Malmö ist seit 2020 Europas amtierende Hauptstadt des fairen und ethischen Handels. Zwei Jahre lang ist die Stadt Botschafterin für die Förderung sozial verantwortlicher Handelspraktiken.

In der ersten Fairtrade-Stadt Schwedens wuchs die Beschaffung von Fairtrade-Kaffee zwischen 2006 und 2018 von 0,5 Prozent auf 99 Prozent. Bei Tee lag der Anteil von fair beschafften Produkten 2018 bei 81 Prozent und bei Bananen bei 36 Prozent. Auch das Bewusstsein der rund 350.000 Einwohner*innen scheint für soziale Bedingungen in Lieferketten geschärft zu sein. Eine Umfrage der Stadt ergab bereits 2016, dass 80 Prozent der Einwohner*innen manchmal oder oft Produkte mit dem Fairtrade-Siegel kaufen. Malmös Richtlinien zur öffentlichen Beschaffung geben schließlich vor, dass die Auftragsvergabe von ökologischen, sozialen und ethischen Grundsätzen geleitet werden soll und ökologisch- und ethisch-zertifizierte Produkte die erste Wahl darstellen.

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Merle Kamppeter
Referentin für nachhaltige Agrarlieferketten, öffentliche Beschaffung
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