Orangensaft

Corona-Krise verschärft prekäre Arbeitsbedingungen in Brasiliens O-Saftindustrie

Fehlende Schutzmaßnahmen und Arbeitsrechtsverletzungen

21. Oktober 2020

Zwei Orangen am Orangenbaum vor blauem Himmel

Die Arbeitsbedingungen in der Orangensaftindustrie waren schon vor der Pandemie prekär. Foto: Daisy Ribeiro

Brasilien ist nach den USA das am zweitstärksten von der Corona-Pandemie betroffene Land weltweit. Orangensaftkonzentrat ist eines der wichtigsten Exportgüter und die Arbeitsbedingungen in der brasilianischen Saftindustrie waren auch vor der Coronakrise schon miserabel. Durch fehlende Schutzmaßnahmen und erschwerte Bedingungen für Gewerkschaftsarbeit hat sich die Situation für die Arbeiter*innen jetzt verschärft.

Brasilien ist mit über 4,6 Millionen Fällen und knapp 140.000 Toten zu einem der weltweiten Epizentren der COVID-19-Pandemie geworden. Die brasilianische Regierung hat die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO ignoriert, Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verharmloste die Krise konsequent und übte sogar Druck auf das Gesundheitsministerium aus, um die Zahl der Corona-Toten zu manipulieren. Koordinierte Maßnahmen zur Virus-Bekämpfung gab es in Brasilien nicht. Die Nahrungsmittelproduktion wurde jedoch fortgesetzt – auf die Produktionsstärke der Agrarindustrie hatte die Corona-Pandemie keine wesentlichen Auswirkungen.

Im Zeitraum von Januar bis August 2020 gehörte das brasilianische Orangensaft-Konzentrat (FCOJ) zu den fünf Hauptexportprodukten des Bundesstaates São Paulo. Exportiert wurden 229.860 Tonnen FCOJ, was einem Wert von über 326 Millionen US-Dollar entspricht. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kam es zu einer Produktionssteigerung von 22,9 Prozent. Als der Saftpreis fiel, ging der mit den Exporten erzielte Wert um 5,2 Prozent zurück. Dennoch gehört dieser Sektor zu einem der stärksten der brasilianischen Agrarindustrie.

Keine einheitlichen Corona-Regeln und Einschränkung der Gewerkschaftsarbeit

Alles andere als stark sind dagegen die Arbeitsbeziehungen und -bedingungen in der brasilianischen Orangensaftindustrie in Zeiten der Corona-Krise. Corona-Schutzmaßnahmen für die Arbeiter*innen vor Ort wurden nicht einheitlich umgesetzt, es gab weder Temperaturmessungen noch wurden einheitlich Masken verwendet. Auch eine standardisierte Verteilung von Desinfektionsmitteln fand nicht statt, der Abstand von mindestens 1,5 Metern bei Routinearbeiten wurde nicht eingehalten.

Verschärft wurde diese gefährliche Situation dadurch, dass die obligatorische Präsenz der Gewerkschaften bei der Unterzeichnung individueller Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer*innen – zum Beispiel zur Änderung von Arbeitszeiten und Löhnen (Kurzarbeit) oder zur Aussetzung von Arbeitsverträgen – während der Pandemie ausgesetzt wurde. Da während dieser Zeit auch die Versammlung von Arbeiter*innen verboten war, hatten die Gewerkschaften noch mehr Schwierigkeiten, zu agieren. Während Berichten zufolge reduzierte Arbeitszeiten und deutlich niedrigere Löhne eingeführt wurden, blieb die tatsächliche Arbeitsbelastung auf gleichem Niveau. Die Arbeitsbedingungen in der brasilianischen Orangensaftindustrie sind durch die Corona-Krise noch prekärer geworden, als sie es zuvor bereits waren.

Porträt von Andrea de Moraes Barros

Ich bin für Ihre Fragen da:

Andrea de Moraes Barros
Projektkoordinatorin Multiakteurs-Partnerschaft Orangensaft, Brasilien
moraesbarrosnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 – 674413-23

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