Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus über 80 Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und kirchlichen Akteuren, das sich im September 2019 gegründet hat. Weil sich immer wieder zeigt, dass Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Verantwortung freiwillig nicht hinreichend nachkommen, fordert das Bündnis von der Bundesregierung ein Lieferkettengesetz. Hierzu hat es eine Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel gestartet, die bereits über 135.000 Menschen unterzeichnet haben.
Die Initiative Lieferkettengesetz tritt für eine Welt ein, in der Unternehmen Menschenrechte und die Umwelt achten – entlang ihrer gesamten Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Eine Übersicht der 18 Trägerorganisationen sowie der aktuell 72 Unterstützerorganisationen findet sich unter www.lieferkettengesetz.de/Organisationen.
Deutsche Unternehmen beziehen Rohstoffe, Zwischen- und Endprodukte, und verarbeitete Produkte aus der ganzen Welt. Sie betreiben Produktions- und Vertriebsstätten im Ausland und exportieren ihre Güter in andere Weltregionen. Sie investieren weltweit in Großprojekte und bieten ihre Dienstleistungen auf dem globalen Markt an. Dabei sind Menschenrechtsverstöße in vielen Branchen keine Ausnahme: In der Herstellung unserer Kleidung etwa sind Brand- und Einsturzkatastrophen in Textilfabriken nur die Spitze des Eisbergs. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen gehören zum Alltag. Für die Gewinnung von Rohstoffen für unsere Autos oder Elektrogeräte werden Lebensgrundlagen zerstört. Der enorme Wasserverbrauch durch den Abbau führt zu ausgetrockneten Brunnen und giftige Rückstände verpesten die Umwelt. Auf Kakao- und Palmölplantagen arbeiten Kinder unter schwersten Bedingungen.
Eine Übersicht von Beispielen, bei denen deutsche Unternehmen ihrer menschenrechtlichen und ökologischen Verantwortung nicht nachgekommen sind oder nachkommen, findet sich unter www.lieferkettengesetz.de/Fallbeispiele.
Viele dieser Probleme sind seit langem bekannt – und Unternehmen haben immer wieder beteuert, dass sie sich „freiwillig“ um eine Lösung bemühen. Doch diese freiwilligen Ansätze führen oft zu kaum mehr als kosmetischen Korrekturen: Denn Menschenrechtsverstöße sind Teil eines Systems, in dem Unternehmen unter hohem Wettbewerbs- und Preisdruck stehen, aber für die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit im Ausland nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.
Damit Unternehmen die Menschenrechte in ihren weltweiten Geschäftsbeziehungen wirklich achten, braucht es einen gesetzlichen Rahmen. Dieser muss darüber hinaus Betroffenen die Möglichkeit geben, ein Unternehmen bei Verstößen zur Rechenschaft zu ziehen. In anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden, Frankreich oder Großbritannien gibt es bereits Gesetze gegen Kinderarbeit, moderne Sklaverei und für die Achtung der Menschenrechte im Auslandsgeschäft. Die Entscheidung, ob die Bundesregierung ein Lieferkettengesetz einführt, steht laut Koalitionsvertrag für das Jahr 2020 auf der politischen Tagesordnung. Entwicklungsminister Müller und Arbeitsminister Heil haben für das erste Halbjahr 2020 konkrete Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz angekündigt.
Das Bündnis fordert von der Bundesregierung, ein Lieferkettengesetz in Deutschland einzuführen, das Unternehmen dazu verpflichtet, bei ihren Geschäften im Inland und Ausland menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfalt walten zu lassen. Eine Missachtung der Pflichten muss an klare Konsequenzen geknüpft sein.
Die Initiative orientiert sich in ihren Forderungen an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen.
Das Lieferkettengesetz muss Unternehmen dazu verpflichten, eine Risikoanalyse durchzuführen, um die Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeiten auf Menschenrechte, Belange von Arbeitnehmer*innen und die Umwelt zu ermitteln. Auf Grundlage der Risikoanalyse müssen die Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen ergreifen sowie bestehende Verletzungen beenden. Zudem müssen sie einen Beschwerdemechanismus für Betroffene einrichten. Ein wirksames Lieferkettengesetz umfasst dabei die gesamte Wertschöpfungskette, angefangen von der Rohstoffgewinnung, über Produktexporte, Investitionen bis hin zur Abfallentsorgung.
Das Lieferkettengesetz muss Unternehmen zudem zu Transparenz und Berichterstattung verpflichten. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen die Einhaltung der Sorgfaltspflichten dokumentieren und öffentlich darüber Bericht erstatten müssen. Die Missachtung von Sorgfaltspflichten sollte dabei an Konsequenzen wie Bußgelder, den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und von der Außenwirtschaftsförderung geknüpft sein.
Zu guter Letzt müssen Betroffene in ihren Rechten gestärkt werden und Schadensersatzklagen gegen mitverantwortliche Unternehmen vor deutschen Gerichten führen können. Das Lieferkettengesetz muss eine Haftung vorsehen, wenn ein Unternehmen keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen hat, um einen vorhersehbaren und vermeidbaren Schaden zu verhindern. Das gilt auch für Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten oder Tochterunternehmen des Unternehmens.
Das Bündnis fordert, dass ein Lieferkettengesetz alle Unternehmen erfasst, die in Deutschland geschäftstätig sind, also nicht nur jene mit einem Hauptsitz oder einer Niederlassung in Deutschland, sondern auch ausländische Unternehmen, die regelmäßig Produkte nach Deutschland importieren. So kann es gewährleisten, dass Produkte, die in Deutschland gehandelt werden, menschenrechtliche Standards erfüllen. Eine solche Regelung vermeidet außerdem eine befürchtete Bevorteilung ausländischer Unternehmen, die diese Standards in ihren Lieferketten ggf. nicht erfüllen.
Da bei großen Unternehmen mit ihren komplexen Wertschöpfungsketten ein besonderes Risiko für Menschenrechtsverletzungen besteht, soll das Lieferkettengesetz für alle Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeiter*innen, einem Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro gelten. Kleinere Unternehmen sollen dann erfasst werden, wenn ihre Haupttätigkeit in einem Risikosektor liegt – das betrifft z.B. die Textil- und Automobilbranche.
Konkret sollen Unternehmen also die Risiken ihrer Geschäfte für Menschenrechte und Umwelt analysieren und angemessene Maßnahmen zur Prävention bzw. zur Abmilderung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden ergreifen. Die Angemessenheit bemisst sich an der erwarteten Schwere der drohenden Schäden für Mensch und Umwelt, also etwa an der Zahl der Betroffenen, und auch am Kontext der Geschäftstätigkeit: Je größer das Risiko systematischer Rechtsverletzungen und je direkter der Zulieferer, desto mehr Einsatz muss das Unternehmen bringen, um Schäden abzuwenden.
Ich bin für Ihre Fragen da:
Christian Wimberger
Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
wimberger @ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-21
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