Spielzeug

Follow-Up-Untersuchung in chinesischen Fabriken

Kritische Fragen an IETP

13. März 2020

Die CIR kritisiert gemeinsam mit den Partnerorganisationen Solidar Suisse, Action Aid und China Labor Watch die sogenannte „Follow-Up-Investigation“ des ICTI Ethical Toy Program (IETP) in den 2019 von uns untersuchten Fabriken. Methodik und Herangehensweise sind aus unserer Sicht nicht dazu geeignet, die Hinweise auf die gravierenden Missstände in den 5 untersuchten Fabriken ernsthaft zu überprüfen. Wir haben viele offene Fragen und warten gespannt auf eine substanzielle Antwort von Seiten der IETP-Vertreter*innen.

Toys Report 2019: erhebliche Missstände in 5 IETP-zertifizierten Fabriken

Der Toys Report 2019 deckte erneut gravierende Arbeitsrechtsverletzungen in chinesischen Spielzeugfabriken auf. Die Undercover-Recherchen bergen ein hohes Risiko, lassen aber im Gegensatz zu Audits einen unverfälschten Blick hinter die Kulissen im Rahmen einer mehrwöchigen Beobachtung zu. Neben Überschreitungen der Überstundenobergrenze wurden Vorwürfe sexueller Belästigung, unwürdige und teils überfüllte Unterkünfte voller Bettwanzen, hoher Produktionsdruck und mangelhafte Arbeitsschutzausrüstungen thematisiert.

Follow-Up-Investigation: IETP bestätigt nur einige Verstöße gegen den laschen Kodex

Die Follow-Up-Investigation, die IETP regelmäßig nach der Veröffentlichung des Toys Report durchführt, erkennt nur einen kleinen Teil unserer Vorwürfe an. Von 134 gelisteten Vorwürfen wurden lediglich 37 bestätigt und als Verstoß gegen die IETP-Richtlinien gewertet, darunter das Fehlen von unabhängigen Arbeitnehmer*innenvertretungen und effektiven Beschwerdekanälen, sowie unzureichende Schutzausrüstungen und blockierte Gänge. Weitere 38 Vorwürfe wurden zwar bestätigt, verstoßen aber nicht gegen den IETP-Standard, der oft deutlich lascher als das chinesische Arbeitsrecht ist. Dort wird beispielsweise ein 24-Stunden-Sicherheitstraining vorgeschrieben – angeboten wurden in einer der Fabriken jedoch maximal 3 Stunden. Folgerichtig findet sich im IETP-Report die Formulierung: „Our investigation team tested a sample of workers and confirmed that these workers had some basic EHS (= Emergency, Health & Safety) knowledge“.

Die 24 Stunden Trainingsumfang wurden aus gutem Grund vom Gesetzgeber vorgeschrieben, sollten doch die Kenntnisse elementarer Sicherheitsregeln über „some basic knowledge“ hinausgehen. Doch das angebotene 3-Stunden-Training verstößt nicht gegen die IETP-Standards. Gleiches gilt für die exzessiven Überstunden: 118 monatliche Überstunden (laut Gesetz maximal 36 Stunden pro Monat) und 72 Stunden Wochenarbeitszeit liegen noch innerhalb der „Obergrenze der IETP-Arbeitszeiten-Anforderungen“.

59 unbestätigte Vorwürfe

Das größte Problem und zugleich der deutlichste Hinweis auf die methodischen Unzulänglichkeiten der IETP-Follow-Up-Investigation sind jedoch die 59 unbestätigten Vorwürfe. Sie werfen die Frage auf, ob bei den durchgeführten Interviews ein ausreichendes Vertrauensverhältnis aufgebaut werden konnte. Die Tatsache, dass im Vorjahr den Arbeiter*innen die Antworten durch das Management einer der Fabriken vorgegeben wurden, verdeutlicht, dass die IETP-Untersuchung in vielerlei Hinsicht an methodische Grenzen stößt und bei sensiblen Themen keine Aufklärung zu erwarten ist.

Den kompletten IETP-Bericht (in englischer Sprache) finden Sie hier.

Zweifel sind angebracht – unsere Forderungen

Eine problematische Methodik und begrenztes Vertrauen seitens der Arbeiter*innen können kein realistisches Bild der Zustände in den Fabriken liefern. Wir sind enttäuscht, dass sehr viele der Vorwürfe aus dem Toys Report durch methodische Raster der IETP-Folgeaudits gefallen sind. Wir sind der der Ansicht, dass die Durchführung von Audits durch Dritte die Stimmen der Arbeitnehmer*innen nicht effektiv beteiligt und grundlegende Mängel aufweist. Die Forderung an das jeweilige Fabrikmanagement, Missstände durch Korrekturpläne zu beseitigen, entlässt zugleich die einkaufenden Markenunternehmen aus ihrer Mitverantwortung und verschenkt wertvolle Handlungsspielräume.

Wir fordern IETP eindringlich auf, seinen Standard an das chinesische Arbeitsrecht anzupassen, um eine erste Grundlage für die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt in den Lieferketten der Spielwarenindustrie zu schaffen. Wir fordern IETP außerdem auf, eine Null-Toleranz-Richtlinie für sexuelle Belästigung in die Zertifizierungs-Checkliste aufzunehmen und deren Einhaltung glaubhaft zu überprüfen.

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Ich bin für Ihre Fragen da:

Anna Backmann
Referentin für Spielzeug
backmannnoSpam@ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-25