Kommentar von Dominik Groß
Der 3. Oktober war ein Tag des Erfolgs für Umwelt- und Landrechtsaktivist*innen in Bajo-Aguán, im Nordosten von Honduras. Wie das Magazin Mongabay berichtet, stimmte ein US-Gericht einem Vergleich zu, der schon jetzt als historischer Moment für die Umweltbewegungen Lateinamerikas gilt. Als Ergebnis des Vergleichs erhalten die Kläger*innen aus dem Aguán-Tal fast fünf Millionen US Dollar Entschädigung von der Entwicklungsbank IFC. Diese hatte vor über 15 Jahren dem Palmölunternehmen Dinant einen Kredit gewährt, um im Aguán-Tal Plantagen mit Ölpalmen zu errichten. Von Anfang an gab es harsche Kritik von Umweltschützenden und Menschenrechtverteidiger*innen. Denn es war damals – und ist bis heute – unklar, ob Dinant rechtmäßiger Besitzer des bewirtschafteten Landes ist. Vieles spricht dagegen. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern aus der Region setzten sich gegen die Ölpalmen-Offensive von Dinant zur Wehr. In den folgenden Jahren kam es in diesem Kontext zu vielen Tötungsdelikten, die international für Aufsehen sorgten: Über 150 Campesinos wurden getötet oder ‚verschwanden‘ spurlos. Und der Name Dinant fällt immer wieder in diesem Kontext. Als dann auch noch eine Depesche durchsickerte, die nahe legte, dass das Land von Dinant CEO Miguel Facussé als Landeplatz für Kokainflugzeuge genutzt wurde, war der Skandal perfekt. Doch Konsequenzen für den Palmölhersteller blieben aus.
Die Situation im Aguán-Tal, wo Dinant seine industriellen Palmölplantagen unterhält, ist bis heute angespannt: Aktivist*innen aus der Region berichten noch immer von Bedrohungen und Gewalt durch private Sicherheitskräfte, die im Dienst von Dinant stehen sollen (s. Interview Presente 2/2024, S.6f). Bis heute kommen Menschen, die Gerechtigkeit fordern und sich gegen Dinant wenden, zu Tode. Umso schockierender die Nachricht, dass Dinant nun mit dem RSPO-Siegel für nachhaltiges Palmöl ausgezeichnet wurde. Denn eine Zertifizierung durch den RSPO gilt heute, da das Lieferkettengesetz gilt und Verbraucher*innen sensibilisierter für nachhaltigen Konsum sind, als Garant für den Marktzugang nach Europa. Aus diesem Grund bemühen sich zahlreiche (sehr fragwürdige) Palmölhersteller um die Branchen-Auszeichnung. Als bekannt wurde, dass auch Dinant sich um die die begehrte Zertifizierung beworben hatte, kam es zu Protestaktionen von Organisationen im Aguán-Tal, die sich zusätzlich mit einem Beschwerdeschreiben an den RSPO wandten. Wie sich jetzt herausgestellt hat, wurden die Proteste nicht gehört. Ebenso wenig wie die zahlreichen Berichte über Konflikte und Gewalt sowie die offenen Gerichtsverfahren in Zusammenhang mit Dinant – Dinant wurde trotz allem mit dem Siegel für nachhaltiges Palmöl zertifiziert.
Die Zertifizierung von Dinant nur wenige Wochen nachdem die US-Justiz Millionenzahlungen an Geschädigte des Unternehmens bestätigte, vertieft die Glaubwürdigkeitskrise des Siegelgebers RSPO. Schon seit geraumer Zeit gibt es Berichte über Verstöße bei zertifizierten Produzenten sowie die strukturellen Defizite des Auditierungssystems (Bericht von Greenpeace 2021). Zuletzt hatten die beiden Organisationen ECCHR und Foodwatch gar eine Klage gegen Edeka angestrengt, weil zweifelhafte Palmölprodukte des Supermarktes mit dem RSPO-Siegel als nachhaltig deklariert wurden, wodurch Verbraucher*innen – nach Ansicht der Organisationen – in die Irre geführt werden. Denn in denselben Produkten war Palmöl eines Unternehmens aus Guatemala nachgewiesen worden, dem vorgeworfen wird, massiv in Arbeitsrechtsverstöße, Landkonflikte und Umweltvergehen verwickelt zu sein. Nun wurde mit Dinant ein weiteres Unternehmen als „nachhaltig“ eingestuft, dessen langjährige Konfliktgeschichte offenkundig ist. Das Vertrauen von Verbraucher*innen, aber auch das von Unternehmen, die mit dem RSPO zusammenarbeiten, dürfte durch die Zertifizierung von Dinant einen neuen Tiefpunkt erreichen.
Über das problematische Palmöl aus Honduras berichteten wir bereits in unserem Palmölreport, der im Februar 2024 erschienen ist. Mehr über die Probleme in der Lieferkette des Palmölherstellers Dinant erfahrt ihr im Report.
Ich bin für Ihre Fragen da:
Dominik Groß
Referent für Menschenrechte und Klimaschutz in Agrarlieferketten
gross @ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-43
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