Palmöl – das Pflanzenfett aus dem Fleisch der Früchte der Ölpalme – ist als Zutat in alltäglichen Lebensmitteln und Kosmetikprodukten nicht mehr wegzudenken. Es versteckt sich in jedem zweiten Supermarktprodukt: im Schokoladenaufstrich und in Keksen, in Fertigsuppen und Müslis, in Seifen, Waschmitteln oder Kosmetika. In der EU wird der größte Anteil für Agrartreibstoffe verwendet. Immer häufiger kommt Palmöl, das in Deutschland verwendet wird, inzwischen aus Mittelamerika. Das Öl der Palmen ist mengenmäßig mit derzeit knapp 80 Millionen Tonnen pro Jahr das beliebteste Pflanzenöl auf dem Weltmarkt. Ölpalmen sind sehr ertragreich, das Pflanzenfett ist billig. Aber Palmöl hat seit Jahren einen schlechten Ruf. Und dabei geht es um mehr als die Frage, ob Palmöl gesundheitsschädlich sein könnte.
Wir alle kennen die Bilder von Orang-Utans und Sumatra-Tigern, die ihren Lebensraum an Palmölplantagen verlieren. Die Zerstörung von Regenwäldern war lange der Hauptfokus, wenn es um die negativen Folgen des Palmölanbaus ging. Vor allem in Indonesien und Malaysia, wo 85 Prozent des weltweit gehandelten Öls herkommen, ist die Abholzung von Regenwald, um Platz für Palmölanbaugebiete zu schaffen, ein großes Problem.
Doch es geht um mehr als einzelne bedrohte Tierarten: Die Rodung von Waldflächen setzt Kohlenstoff frei, der als CO2 die Erdatmosphäre schädigt. Der Anbau in Monokulturen führt zu einem Verlust von Biodiversität und schädigt die Böden nachhaltig. Für die Ausweitung des Ölpalmanbaus werden auch natürliche Wasserquellen ausgetrocknet und Flüsse durch Pestizide vergiftet, was ein drastisches Artensterben nach sich zieht. Ganze Ökosysteme werden zerstört. Und das nicht nur in Südostasien: 2022 wuchsen Ölpalmen auf weltweit rund 300.000 Quadratkilometern Land. Auch Mittelamerika ist ins Blickfeld der Palmölindustrie gerückt. Unternehmen wittern das große Geschäft, überall schießen Plantagen aus dem Boden. Das mittelamerikanische Land Guatemala ist für Deutschland inzwischen der zweitwichtigste Palmöl-Lieferant.
Wassermangel: Sauberes Trinkwasser ist keine Selbstverständlichkeit für Menschen, die in Guatemala und anderen Ländern Mittelamerikas in der Nähe von Palmölplantagen leben. Um den enormen Durst der Palmen zu stillen, zapfen die Plantagenbetreibenden nicht selten die Trinkwasserbrunnen der Anwohner*innen an. Diese sind dann zu meilenweiten Märschen zur nächsten Wasserstelle gezwungen. Gleichzeitig können indigene Kleinbäuerinnen und -bauern, die in der Nähe von Palmölplantagen Lebensmittel wie Mais, Bohnen und Kürbis anbauen wollen, vor allem in niederschlagsarmen Jahren ihre Pflanzen nicht ausreichend mit Wasser versorgen.
Pestizide, die auf den Plantagen ausgebracht und ins Grundwasser geschwemmt werden, vergiften angrenzende Flüsse, deren Wasser von Mitgliedern indigener Gemeinden zum Waschen und Kochen verwendet wird. Hautpilz, Durchfall oder Fieber gehören zu den unangenehmen und gesundheitsschädlichen Folgen für die Anwohner*innen. Auch Fälle von massenhaftem Fischsterben in mit Pestiziden vergifteten Flüssen sind aus Guatemala bekannt.
Landkonflikte: Für die Ausweitung ihrer Produktion benötigen die Palmölunternehmen immer mehr Land, das sie sich teils widerrechtlich und gewaltsam, teils durch betrügerisches Vorgehen aneignen. In Guatemala und Honduras kommt es immer wieder zu Räumungen ganzer Gemeinden. Anwohner*innen werden vertrieben und ihre Häuser niedergebrannt, damit die Palmölplantagen wachsen können. In anderen Fällen sichern Plantagenbetreibende den Gemeindemitgliedern vor Ort Arbeitsplätze zu, wenn sie ihnen ihr Land verkaufen. Sie lösen diese betrügerischen Versprechen aber nie ein.
Ausbeutung: Durch die Ausbreitung der Ölpalmen gibt es oft nicht mehr genug Flächen für Bewohner*innen angrenzender Gemeinden, um sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Umso mehr sind sie auf Lohnarbeit auf den Palmölplantagen angewiesen. Die Rechte der Arbeiter*innen dort werden in hohem Maße verletzt. Arbeiter*innen wird beispielsweise immer wieder systematisch gekündigt, damit keine Sonderzahlungen an sie fällig werden. Ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sind auf vielen Plantagen an der Tagesordnung.
Gefängnis oder Tod: Wer Widerstand leistet und der Palmölindustrie in Mittelamerika im Weg ist, riskiert Verfolgung, Bedrohung und immer häufiger auch das eigene Leben. Sicherheitskräfte oder bewaffnete Gruppen, die mit den Palmölunternehmen zusammenarbeiten, schüchtern Anwohner*innen und Aktivist*innen ein. Sie reichen Klagen gegen wehrhafte Gemeindemitglieder ein und lassen sie festnehmen. Die teilweise korrupten Strukturen in Ländern wie Guatemala und Honduras erleichtern ihnen ihr schmutziges Spiel. Immer wieder werden Menschen ermordet, die das rücksichtslose Verhalten der Palmölunternehmen öffentlich anprangern oder Widerstand dagegen leisten.
Für sauberes Trinkwasser müssen Anwohner*innen von Palmölplantagen oft meilenweite Fußwege auf sich nehmen. Der Widerstand gegen die Ausweitung der Anbauflächen ist gefährlich. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Räumungen ganzer Gemeinden.
Fotos: James Rodríguez/mimundo.org, Honduras Delegation via flickr.com CC BY-NC-SA 2.0 DEED
Seit Jahren macht die CIR auf die negativen Folgen des Palmölbooms aufmerksam. In Videos, Magazinbeiträgen, Multimedia-Reportagen oder auf Rundreisen kommen Betroffene aus Mittelamerika zu Wort, die auf die Missstände durch den Palmölanbau öffentlich aufmerksam machen.
Mit Studien wie dem Report „Im Schatten der Ölpalme“ aus dem Jahr 2024 vermittelt die CIR Wissen. Der Report benennt über 20 Unternehmen in Deutschland – darunter große Namen wie Rewe, Lidl, Edeka und Aldi –, die Palmöl von den guatemaltekischen Palmölproduzenten NaturAceites oder Industria Chiquibul beziehen, verarbeiten oder vertreiben. Für beide Firmen konnte die CIR zahlreiche Hinweise auf Rechtsverletzungen zusammentragen: Es geht um Wasserverschmutzung, Arbeitsrechtsverletzungen und Landraub. Auch Öl des problematischen Produzenten Dinant aus Honduras konnte die CIR bis nach Deutschland verfolgen. Solche fundierten Rechercheergebnisse sind wichtig, um konkrete Veränderungen anzustoßen.
Die Rechercheergebnisse der CIR liefern auch die Grundlage für Kampagnenarbeit mit dem Ziel, handfeste Veränderungen in Politik und Wirtschaft herbeizuführen. Die CIR benennt immer wieder einzelne Unternehmen, die über ihre globalen Lieferketten in Menschenrechtsverletzungen in der Palmölindustrie verstrickt sind. Durch den Palmöl-Report sind 2024 beispielsweise mehrere unternehmensinterne Untersuchungsprozesse angestoßen worden, z.B. bei Rewe und Metro. Zudem helfen solche Nachweise von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung dabei, politische Veränderungen wie die Einführung von Lieferkettengesetzen herbeizuführen. Lieferkettengesetze erschweren es Unternehmen, sich aus der Verantwortung zu stehlen, wenn es in ihren Lieferketten zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung kommt.
Zusammen mit ihren Partnerorganisationen steht die CIR den Gemeinden in Mittelamerika bei ihrem Kampf um den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen, gegen die zerstörerische Palmölindustrie bei. Die Menschen werden dabei unterstützt, ihre Wasserquellen zu schützen. Sie werden darin geschult, wie sie ihre Gärten trotz Wassermangel ausreichend bewässern können. Und sie erhalten Beratung, wie sie ihre Rechte gegenüber Institutionen, Justizbehörden und Unternehmen einfordern können.
Die CIR setzt sich außerdem zusammen mit Partnerorganisationen in Nicaragua, Guatemala, El Salvador und Honduras für eine Transformation der Landwirtschaft ein. Das Projekt fördert die Agrarökologie als nachhaltige Alternative zur Agrarindustrie. Die Gemeinden werden dabei unterstützt, ihre Rechte gegenüber der Palmölindustrie einzufordern. Ernährungssicherheit und der Erhalt der Lebensgrundlagen der Gemeinden stehen im Mittelpunkt der Projektarbeit.
Es ist teilweise gar nicht so leicht, Palmöl auf der Zutatenliste zu erkennen. Im Lebensmittelbereich herrscht seit 2016 eine Kennzeichnungspflicht. In der restlichen Produktpalette, z.B. in Kosmetika, werden meist Derivate oder Emulgatoren eingesetzt, die unter anderem Namen gelistet sind. Über 200 Bezeichnungen können auf den Einsatz von Palmöl hinweisen. Hier helfen Apps wie Code-Check. Im Lebensmittelbereich hilft es, möglichst viel frisch und selbst zuzubereiten und möglichst wenig Fertigprodukte zu nutzen.
Eine Zertifizierung mit einem Siegel ist kein Garant für nachhaltiges Palmöl! Durch „nachhaltig“ zertifizierte Palmölprodukte entsteht leicht der Eindruck, der industrielle, monokulturelle Anbau von Ölpalmen sei mit anspruchsvollen ökologischen und menschenrechtlichen Prinzipien vereinbar. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Im Lebensmittelsektor zertifiziert vor allem der Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO). Der steht seit seiner Gründung in der Kritik: Der RSPO ist weder ein Bio- noch ein Fairhandels-Siegel. Er erlaubt Pestizide und verbietet nur die Rodung „besonders schützenswerter“ Gebiete. Es gibt dokumentierte Hinweise, dass RSPO-zertifizierte Unternehmen systematisch gegen die Kriterien verstoßen, Menschenrechte verletzen und teils illegal Regenwald roden. Die Audit-Systeme, die über eine RSPO-Zertifizierung entscheiden, sind mangelhaft.
In Einzelfällen können Produkte von Marken, die auf ambitioniertere und glaubwürdigere Standards als den RSPO setzen, z.B. GEPA oder Rapunzel, die mit Serendipalm kooperieren, eine Alternative sein. Doch diese Produkte verfügen nur über einen sehr geringen Marktanteil. Auf Bio-Plantagen werden immerhin keine synthetischen Dünger oder Pestizide verwendet. Ob es dort nicht trotzdem zu Menschenrechtsverletzungen kommt, darüber sagt ein Bio-Siegel nichts aus.
Engagieren Sie sich auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Unterstützen Sie z.B. Initiativen und Gesetzesentwürfe, die sich für einen Ausstieg aus der Verwendung von Palmöl in Industrie und Tierfutter einsetzen. Dazu zählt auch die Unterstützung von Petitionen, die Teilnahme an Demonstrationen oder die Kontaktaufnahme mit politischen Vertreter*innen, z.B. den Verantwortlichen in Ihrem Wahlkreis. Schreiben Sie Unternehmen an und stellen Sie Fragen: Woher beziehen sie ihr Palmöl? Wie stellen sie sicher, dass es bei der Produktion und Verarbeitung nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt? Eine weitere Handlungsoption: Erzählen Sie im Familien-, Freund*innen- und Bekanntenkreis, wie problematisch das Produkt Palmöl ist, um mehr Menschen für die Thematik zu sensibilisieren. Nutzen Sie dafür gerne unsere Informationsmaterialien!
Ich bin für Ihre Fragen da:
Dominik Groß
Referent für Menschenrechte und Klimaschutz in Agrarlieferketten
gross @ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-43
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