Februar 2019 – Am 25. Januar 2019 brach im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais ein mit Bergbauschlamm befülltes Rückhaltebecken eines Eisenerzbergwerks, das von dem Unternehmen Vale betrieben wird. Die Schlammlawine tötete 175 Menschen, über 200 Menschen sind seit dem verschwunden. Die im Schlamm enthaltenen Schwermetalle werden Gewässer und Böden für Jahrzehnte verseucht hinterlassen. Erst 2015 hatte ein ähnlicher Dammbrauch in Minas Gerais 19 Menschen getötet und den Fluss Río Doce über hunderte Kilometer hinweg kontaminiert. Weltweite brechen immer wieder Dämme von Rückhaltbecken in Bergbauprojekten. In Mexiko verseuchten 2014 tausende Tonnen mit Kupfersulfat versetzte Bergbaurückstände des Unternehmens Grupo México den Río Sonora. Den umliegenden Gemeinden hat die Katastrophe weitgehend ihre Existenzgrundlage entzogen und viele Menschen krank gemacht.
Diese Katastrophen sind nicht unkontrollierbaren Naturkräften geschuldet, sondern passieren, weil Bergbaukonzerne nach großtmöglichem Profit streben und Kosten einsparen. Eine Forschungsgruppe der University of Alberta fand heraus, dass die Dämme oft nach Boomjahren brechen. In Zeiten hoher Rohstoffpreise fördern die Unternehmen maximale Mengen an Erzen und bauen die Dämme weniger sorgfältig. Die brasilianische Agentur für Wasser stuft alleine 56 von 175 Dämmen von Vale in Brasilien als einsturzgefährdet ein.
Spiegel Online berichtet, dass TÜV Süd den Damm in Brumandinho erst im September 2018 geprüft und ihm physische Sicherheit attestiert hatte. TÜV Süd verdient an solchen Prüfaufträgen, was die Unabhängigkeit der Arbeit in Frage stellt. Die Verwicklung der deutschen Wirtschaft liegt aber tiefer als diese punktuelle Verbindung vermuten lässt, die aktuell in den Medien im Vordergrund steht. Deutsche Unternehmen importieren laut Daten des Statistischen Bundesamts massenhaft Eisenerz aus Brasilien. 2017 waren es über 20 Millionen Tonnen im Wert von über 1,4 Milliarden (!) Euro. Dafür müssen Wälder zerstört und riesige Mengen Gestein und Erdreich in Bewegung gesetzt werden. Zu den Abnehmern von Vale zählt unter anderem der deutsche Stahlhersteller und Rohstoffhändler ThyssenKrupp. Die CIR hatte bereits über Kokskohleimporte des Unternehmens aus Minen in Mosambik berichtet, für die Gemeinden in unwirtliche Gegenden zwangsumgesiedelt wurden. Über Zwischenstationen der Lieferkette landen die Rohstoffe in Fertigprodukten wie z. B. den Autos von BMW. Eine wichtige Rolle spielen auch Banken und Finanzinstitute. Ohne den Krediten und Aktienankäufen von Deutscher Bank, Allianz und Co. könnten kapitalintensive Megabergbauprojekte nicht anlaufen.
Die Dammbrüche zeigen: mit den Importen billiger Rohstoffe geht die Auslagerung enormer menschenrechtlicher und ökologischer Schäden einher. Die Kosten tragen nicht die Unternehmen sondern die Menschen, die im Umfeld solcher Minen leben. Die leichtfertige Nachlässigkeit, mit der die Bergbauunternehmen die Risiken von Umweltkatastrophen hinnehmen, verdeutlicht die Geringschätzung der Menschen, deren Lebensgrundlagen, Gesundheit und Leben sie aufs Spiel setzen. „Das Unternehmen kann nicht straffrei davonkommen. Ich bin stolz darauf im Tal zu arbeiten, aber die Menschen müssen die Kosten dafür tragen“, sagt Carlos Diniz, dessen Frau in einer Kantine der Mine arbeitete und seit dem Dammbruch verschollen ist.
Auch Banken, Rohstoffimporteure und Industrieunternehmen in Deutschland profitieren von dem rücksichtslosen Abbau. Auch sie haben eine Mitverantwortung, die Schäden zu beheben und zukünftige Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. So fordern zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen weltweit in zwei Erklärungen Unternehmen auf, die über ihre Lieferketten oder Investitionen mit dem Bergbaukonzern Vale in Verbindung stehen, dieser Verantwortung nachzukommen. Die Erklärungen richten sich unter anderem an Allianz, BMW, Daimler, Deutsche Bank und ThyssenKrupp. Die Unternehmen sollen sich dafür einsetzen, dass Vale
Sollte Vale diesen Forderungen nicht nachkommen, sind die Unternehmen aufgefordert, ihren Einfluss geltend zu machen und z. B. die Geschäftsbeziehungen mit dem Konzern auszusetzen.
Um zu verhindern, dass Unternehmen von menschenverachtenden und umweltschädlichen Wirtschaftstätigkeiten profitieren, müssen ihnen gesetzliche Pflichten auferlegt werden. Sie müssen prüfen, welche Risiken es in ihren Geschäftsbereichen gibt, wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen und darüber öffentlich berichten. Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern seit Jahren ein Gesetz für verbindliche Sorgfaltspflichten. Dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nun einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt hat, begrüßt die CIR. Jetzt geht es darum, möglichst bald eine effektive verbindliche Regelung auf den Weg zu bringen. Katastrophen wie in Brasilien dürfen auch für den Rohstoffsektor und die weiterverarbeitende Industrie nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Ich bin für Ihre Fragen da:
Christian Wimberger
Referent für Unternehmensverantwortung, Bergbau, öffentliche Beschaffung, Guatemala
wimberger @ci-romero.de
Telefon: 0251 - 674413-21
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